Die in Brüssel ansässige NGO „Shipbreaking Platform“ (SP) hat enthüllt, dass Brasilien seinen ehemaligen Flugzeugträger „São Paulo“ von Rio de Janeiro aus auf eine letzte 6000-Meilien-Reise ins türkische Aliaga geschickt hat, wo er abgewrackt werden soll. Die „São Paulo“ hieß früher „Foch“ und ist das Schwesterschiff der berüchtigten „Clemenceau“, deren Abwrackung 2006 einen internationalen Skandal ausgelöst hatte.
Im Jahr 2000 hatte die französische Marine laut SP den Flugzeugträger an Brasilien verkauft, im vergangenen Jahr war dort dann die Verschrottung beschlossen worden, das Schiff wurde an eine türkische Abwrackwerft versteigert. Das Problem: Die „São Paulo“ enthält ebenso wie einst die „Clemenceau“ große Mengen gefährlicher Substanzen wie Asbest, PCB und giftige Farben – nach internationalem Recht gilt das Schiff daher als gefährlicher Abfall qualifiziert und unterliegt besonderen Handelsbeschränkungen. Sowohl SP als auch mehrere weitere NGOs haben das türkische Ministerium für Umwelt und Urbanisierung ebenso wie die für das Basler Übereinkommen zuständige brasilianische Behörde auf die rechtlichen, ökologischen und gesundheitlichen Risiken dieses Deals hingewiesen. Bislang, so SP, hätten aber beide Regierungen die Bedenken zurückgewiesen und die Behauptungen über Rechtsverstöße ignoriert.
Die französische „Clemenceau“ war Ende 1997 (nach diversen Einsätzen im Libanon, in den Golf-Kriegen und im Jugoslawien-Krieg) außer Dienst gestellt und 2003 zum Abwracken verkauft worden – in die Türkei. Umweltschutzorganisationen verzögerten damals zwar den Transfer mit einer Klage, allerdings erklärte sich das Gericht für nicht zuständig für eine militärische Angelegenheit, worauf Greenpeace eine internationale Kampagne startete und sogar kurzzeitig das Schiff besetzte. Frankreich hatte inzwischen die „Clemenceau“ ins indische Alang verkauft, musste aber Ägypten eine hohe Ablösesumme für die Kanalpassage zahlen, weil Kairo wegen Umweltbedenken die Durchfahrt blockierte.
Dumm gelaufen: Indiens Oberster Gerichtshof verbot dem Schleppverband die Einreise in die nationalen Hoheitsgewässer, worauf Frankreichs damaliger Staatspräsident Jacques Chirac die Rückholung der „Clemenceau“ anordnete. Das Schiff wurde nach Brest verbracht, um schließlich – nach weiteren aufwändigen Gift-Gutachten – 2009/10 im britischen Hartlepool abgewrackt zu werden.
Vor diesem Hintergrund kann es also nicht verwundern, wenn heute NGOs wie die renommierte „Shipbreaking Platform“ mobil machen gegen die Verbringung der „São Paulo“ in die ferne Türkei.
Details zum aktuellen Skandal sind hier nachzulesen auf der SP-Webseite.