Chemische Bestandteile des Korrosionsschutzes von Offshore-Windkraftanlagen sind im Wasser und in den Sedimenten der Nordsee rings um die untersuchten Rotoren nachgewiesen worden. Aber das für die Untersuchung auftraggebende Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg beschwichtigt, es seien „derzeit keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Meeresumwelt zu erkennen“.
Mehr als 1500 Offshore-Windkraftanlagen und rund 30 Konverter- und Umspannplattformen arbeiten derzeit in den deutschen AWZ von Nord- und Ostsee – und bekanntlich sollen es im Zuge der weiteren Meeresindustrialisierungs-Pläne noch sehr viel mehr werden. Viele dieser Anlagen werden mittels so genannter galvanischer Anoden vor Korrosion geschützt – das sind unter Wasser angebrachte Metallstücke, die sich gewissermaßen selbst auflösen und dadurch den Schutz bewirken. Man nennt sie daher auch „Opferanoden“, eben, weil sie sich zur Erreichung ihrer Aufgabe „opfern“. Dumm nur, dass dabei ihre Bestandteile in die Meeresumwelt gelangen. Die Rede ist von großen Mengen an Metallverbindungen, namentlich von Aluminium, Zink, Indium, Gallium, Blei, Cadmium sowie weiteren Schwermetallen.
Eben das hat nun eine aktuelle Studie des Instituts für Umweltchemie des Küstenraumes im Geesthachter Helmholtz-Zentrum Hereon nachgewiesen: Seit 2017 haben entsprechende Untersuchungen im Auftrag des BSH stattgefunden, in diesen Tagen hat die Hamburger Behörde per Pressemitteilung eine erste Bilanz vorgelegt. „Nach aktuellen Erfahrungen“, heißt es dort auf einer extrem verkleinerten und daher nur schwer lesbaren Grafik, „gelangen etwa 150 bis 750 Kilogramm des Anodenmaterials pro Anlage und Jahr in die Meeresumwelt“. Bezogen auf die derzeitigen Schätzungen zur Anlagenzahl – siehe oben – bedeutet das also jährliche Gesamteinträge zwischen 225 und 1125 Tonnen.
Verharmlosung?
Laut BSH zeigen diese Ergebnisse allerdings nur, „dass sich die Konzentrationen der Bestandteile sowohl im Wasser als auch im Sediment größtenteils im Rahmen der bekannten Variabilität für die Nordsee bewegen“. Das ist, mit Verlaub, entweder Verharmlosung oder Bestätigung einer krankhaften „Normalität“ – tonnenweise Einträge schädlicher Metallverbindungen haben in der Meeresumwelt nichts zu suchen. Punkt. Das BSH schreibt über sich selbst, es sei „zuständig für die Genehmigung von Offshore-Vorhaben in den deutschen Meeresgewässern“ und unterstütze „die Entwicklung und Nutzung möglichst umweltverträglicher Verfahren“. Vielleicht sollte das Amt sich in diesem Zusammenhang mal an Vorsorge- und Verursacherprinzip orientieren – und Anlagen erst dann zulassen, wenn ihr umweltunschädlicher Betrieb nachgewiesen ist. Denn: „Derartige stoffliche Emissionen aus dem Korrosionsschutz von Offshore-Windparks könnten durch den weiteren Ausbau der Offshore-Windenergie weiter zunehmen.“
Zwar will die Behörde „in künftigen Verfahren“ vermehrt auf Einsatz so genannter Fremdstromsysteme achten, „da diese nur mit sehr geringen stofflichen Emissionen in die Meeresumwelt verbunden sind“. Allerdings klärt das nicht die Frage, was mit den aktuell betriebenen Anlagen geschieht – wird deren Korrosionsschutz jetzt generell ausgetauscht?