Petition gegen weitere Weservertiefungen

Kein Ein­ver­neh­men zu wei­te­ren Weser­ver­tie­fun­gen – mit die­ser zen­tra­len For­de­rung wen­det sich eine aktu­el­le Peti­ti­on an den Nie­der­säch­si­schen Land­tag in Han­no­ver: Initi­iert hat die erfor­der­li­che Unter­schrif­ten­samm­lung das Akti­ons­bünd­nis aus dem erst vor knapp zwei Jah­ren in Nor­den­ham gegrün­de­ten Ver­ein Weser­schutz e. V. und der Kreis­grup­pe Weser­marsch des Umwelt­ver­ban­des BUND

Auf einer von mehr als 100 Men­schen besuch­ten Ver­an­stal­tung prä­sen­tier­te das Bünd­nis ges­tern Abend im „Tea­t­ro Fata­le“ in Nor­den­ham die Peti­ti­on, beglei­tet von aktu­el­len Vor­trä­gen und Debat­ten zum The­ma, unter ande­rem mit Blick auf die jüngs­ten Leh­ren, die an der Weser aus der bis­lang als geschei­tert gel­ten­den jüngs­ten Elb­ver­tie­fung gezo­gen wer­den kön­nen – und müssen.

Ziel der Initia­ti­ve: Das Par­la­ment soll per Beschluss der Lan­des­re­gie­rung auf­er­le­gen, den geplan­ten Maß­nah­men zum, wie es amts­deutsch heißt, erneu­ten „Aus­bau der Schiff­fahrts­stra­ßen“ das Ein­ver­ständ­nis des Lan­des zu ver­wei­gern. Auf den zwei Sei­ten der Peti­ti­on in Form eines Schrei­bens an die Land­tags­prä­si­den­tin begrün­den die Initia­ti­ven noch ein­mal stich­wort­ar­tig ihre Ein­wän­de gegen die seit vie­len Jah­ren stark umstrit­te­nen und den­noch von Bundes- und Lan­des­po­li­tik vor­an­ge­trie­be­nen Plä­ne, sowohl die so genann­te Außen­we­ser von Bre­mer­ha­ven bis auf die Nord­see zum mitt­ler­wei­le fünf­ten Male als auch die Unter­we­ser zwi­schen Bre­mer­ha­ven und Bra­ke zum vier­ten Male aus­zu­bag­gern. Wie mehr­fach berich­tet, war der ers­te Ver­such 2016 vor dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt geschei­tert – wor­auf die Pla­nungs­be­hör­den mit Bil­li­gung der Poli­tik unge­rührt einen zwei­ten Anlauf star­te­ten; nur dass der Bund die­ses Mal ver­sucht, das Ver­fah­ren zu ver­kür­zen und mit­tels des recht­lich zwei­fel­haf­ten Maß­nah­men­ge­setz­vor­be­rei­tungs­ge­set­zes (MgvG) allen Kri­ti­kern die Kla­ge­mög­lich­keit zu neh­men. Um so bedeu­ten­der ist jetzt der Ver­such ein­zu­stu­fen, via Peti­ti­on die Zustim­mung des Lan­des abzublocken.

Ohne Han­no­ver läuft nichts

Zur Erin­ne­rung: Weil sei­ner­zeit die Bre­mer eine Außen­we­ser­ver­tie­fung zuguns­ten ihrer Bre­mer­ha­ve­ner Con­tai­ner­ter­mi­nals bean­tragt hat­ten, die Lan­des­gren­ze zwi­schen Bre­men und Nie­der­sach­sen aber just im betrof­fe­nen Bereich der Fluss­mün­dung ver­läuft, brauch­ten sie dafür die Zustim­mung aus Han­no­ver. Die indes beka­men sie nur, indem sie auch der vom Bra­ker Hafen­be­trei­ber­un­ter­neh­men Jan Mül­ler gefor­der­ten Unter­we­ser­ver­tie­fung im Abschnitt Bremerhaven-Brake zustimm­ten. Inso­fern ist weder die eine noch die ande­re Maß­nah­me denk­bar ohne ein „Ja“ aus Hannover.

Die Lis­te der Argu­men­te gegen wei­te­re Fluss­ver­tie­fun­gen ist im Lau­fe der Jah­re zivil­ge­sell­schaft­li­chen und juris­ti­schen Wider­stands immer län­ger gewor­den. Bedro­hung durch Kli­ma­wan­del, Ver­stoß gegen EU-Recht, Gefähr­dung von Deichsi­cher­heit, Ver­sal­zung von Grä­ben und Agrar­flä­chen, Behin­de­rung der Ent­wäs­se­rung, Ein­bu­ßen für Fische­rei, Tou­ris­mus, Land­wirt­schaft und Indus­trie, Gefähr­dung von Flä­chen, Immo­bi­li­en und Betrie­ben: Dies ist nur eine gro­be Zusam­men­fas­sung. Zumin­dest am lin­ken Unter­we­se­r­ufer (der Land­kreis Weser­marsch reicht von der Jade bis nach Bre­men) wächst der Wider­stand – der übri­gens, von Tei­len der CDU bis zur Par­tei Die Lin­ke rei­chend – sowohl par­tei­über­grei­fend ist als auch brei­te Schich­ten der Bevöl­ke­rung umfasst. So war es nicht erstaun­lich, dass der Kreis­tag Weser­marsch sich im ver­gan­ge­nen Jahr ein­mü­tig gegen die Weser­ver­tie­fung aus­sprach. Und jeder Auf­ruf des Akti­ons­bünd­nis­ses fin­det nicht nur immer stär­ke­ren Zulauf, son­dern auch lau­tes Echo in regio­na­len Medien.

Leh­ren aus der Elbvertiefung

Aktu­ell hat­te das Bünd­nis jetzt WWF-Expertin Bea­tri­ce Claus zum Vor­trag über die jüngs­te Elb­ver­tie­fung gela­den. Ein­dring­lich schil­der­te sie die aktu­el­len Schlick­pro­ble­me, die die teu­re Maß­nah­me nahe­zu obso­let wer­den las­sen, und ver­glich detail­liert, wel­che bio­lo­gi­schen und hydro­dy­na­mi­schen Fol­gen an der Elbe fest­zu­stel­len und an der Weser zu erwar­ten sei­en. Zudem mahn­te sie erneut eine Hafen­ko­ope­ra­ti­on an, schließ­lich hät­ten weder Ham­burg noch Bre­mer­ha­ven selbst nach Fluss­ver­tie­fung irgend­ei­ne Chan­ce, die immer grö­ßer wer­den­den Schif­fe voll abge­la­den zu emp­fan­gen: Für die Außen­we­ser ist eine Aus­bag­ge­rung auf 13,50 Meter tide­un­ab­hän­gi­ge Erreich­bar­keit geplant; längst haben indes die inter­kon­ti­nen­tal ver­keh­ren­den Con­tai­ner­rie­sen Tief­gän­ge von 15 und 16 Metern. Für den See­ha­fen Bra­ke, den ein­zi­gen poten­zi­el­len Nutz­nie­ßer einer vie­le zig Mil­lio­nen Euro Steu­er­geld kos­ten­den Unter­we­ser­ver­tie­fung gilt Ähn­li­ches – aller­dings mit Abstri­chen: Hier sind zwar 12,80 Meter tide­ab­hän­gi­ger Erreich­bar­keit geplant. Dazu muss man aber wis­sen, dass die den Hafen anlau­fen­den Schif­fe nur zu durch­schnitt­lich fünf Pro­zent über­haupt Tief­gän­ge von zehn Metern oder mehr errei­chen; den öffent­li­chen Kos­ten einer Ver­tie­fung stün­den also ver­gleichs­wei­se mar­gi­na­le Gewin­ne gegen­über: eine fun­dier­te Kosten-Nutzen-Rechnung fehlt aber bislang.

Es hat übri­gens den Anschein, dass der Hafen Bra­ke der­zeit in mehr­fa­chem Sin­ne zu den Kriegs­ge­winn­lern des Ukraine-Konflikts zählt: mehr Kohle-, mehr Getreide- und Futtermittel-Importe. Der Kreis­ver­band Weser­marsch der Links­par­tei, der die Peti­ti­on eben­falls unter­stützt, wies in die­sem Zusam­men­hang dar­auf hin, dass die Grünen-Minister Robert Habeck und Cem Özd­emir ja gera­de dabei sei­en, das umstrit­te­ne Abkom­men der EU mit den Mercosur-Staaten unter ande­rem über ver­stärk­te Impor­te von bil­li­gem Fleisch und Fut­ter­so­ja abzu­seg­nen – „da Fut­ter­mit­tel größ­ten­teils über den Bra­ker Hafen umge­schla­gen wer­den, dürf­te der Ruf der Impor­teu­re nach einer wei­te­ren Weser­ver­tie­fung lau­ter werden“.

WATERKANT for­dert nach­drück­lich dazu auf, die Peti­ti­on gegen die Weser­ver­tie­fung zu unterstützen!

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WATERKANT-Redaktion