Die Bremerhavener Nordsee-Zeitung übte sich heute in blumiger Sprache: „Wenn die Hafenmauer mitdenkt“, titelte sie ihren aktuellen Bericht über ein gestern in Cuxhaven getestetes digitales Hilfssystem für Kapitäne, Lotsen und Hafenverwaltung: „SmartKai“ heißt das Projekt, das künftig einlaufende Schiffe bei Anlege-, Wende- oder Schleusen-Manövern unterstützen soll.
Das sprachliche Bild von der (mit)denkenden Mauer ist natürlich übertrieben – soweit reichen weder „smarte“ Techniken noch etwa „KI“; zumindest noch nicht. Tatsächlich geht es um ein System etlicher Sensoren, das nun an der Elbmündung installiert und vorgestellt worden ist: Etwas mehr als drei Jahre haben Entwicklung und Erprobung in Anspruch genommen. Die landeseigene Hafenbetriebsgesellschaft Niedersachsen Ports (NPorts) hat das System zum einen in Cuxhaven getestet, das wegen seiner Strömungs- und Tidebedingungen an der Elbmündung als nautisch anspruchsvoll gilt. Zum anderen wurde es zuvor auch in Wilhelmshaven erprobt – dort allerdings bislang nur im Innenhafen am Übergang zum Ems-Jade-Kanal, von vermutlich anspruchsvolleren Tests etwa am Containerterminal JadeWeserPort (JWP) ist bislang nicht die Rede. Das Vorhaben, dessen Entwicklungskosten mit rund 2,5 Millionen Euro beziffert werden, ist im Rahmen des Förderprogramms „Innovative Hafentechnologien“ (IHATEC) zu 73 Prozent vom Bundesministerium für Verkehr und Digitales gefördert worden.
Zwar gibt es längst Assistenzsysteme, die Kapitäne und Lotsen an Bord von Schiffen dabei unterstützen, weitgehend störungsfrei einen Hafen anzulaufen. Das Problem ist aber, dass die bislang nicht sehr weit verbreitet sind – ob das auch eine Kostenfrage ist, kann nicht beurteilt werden; sicher ist indes, dass sie als nur partiell nützlich gelten, weil sie angeblich nicht immer auf alle lokalen Gegebenheiten optimal vorjustierbar sein sollen. So entstand die Idee, in den Häfen selbst stationäre, schiffsunabhängige Systeme anzubieten: In Zusammenarbeit von Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Fachfirmen wurden Lasersensoren entwickelt, die an Hafeneinfahrten, Schleusen oder Kaimauern montiert unter allen Wetterbedingungen die Position und Bewegung kleiner wie großer Schiffe erfassen können – mit Reichweiten von bis zu 150 Metern. Die erfassten Signale können dann sowohl an Land als auch an Bord erkannt werden und den Verantwortlichen das Manövrieren erleichtern; die Entwickler haben um der Flexibilität willen eine Datentechnik geliefert, die auf Laptops ebenso wie über Virtual-Reality-Brillen, Hologramme oder per Projektion auf die Fenster der Brücke des Schiffs abrufbar ist.
SmartKai – weltweit vermarktbar?
Beim Hafenbetreiber NPorts betrachtet man die jüngsten Praxistests in Cuxhaven als eine Art Startschuss, es soll jetzt evaluiert werden, wie das System im Realbetrieb eingesetzt werden kann – und das am liebsten nicht nur in Landeshäfen: Offenbar reizt die Niedersachsen die Idee, das System überregional zu verkaufen, denn es wird betont, diese Innovation könne auch „in vielen anderen Hafenstandorten weltweit sinnvoll eingesetzt werden“.
Während übrigens NPorts sein Laser-System SmartKai in Cuxhaven mit dem 200 Meter langen dänischen RoRo-Schiff Selandia Seaways getestet hat, geht man in Bremerhaven andere Wege: Die dortige Hafengesellschaft bremenports hat in der Wellenkammer unter der Containerkaje Sensoren mit Radar-Technik erprobt, und das war selbst mit einem 400-Meter-Schiff wie der Maren Maersk erfolgreich; ab Juni soll das bremische „Schiffs-Anlege-Mess-System“ (SAMS) an zunächst sieben Liegeplätzen der Terminals CT IIIa und CT IV installiert werden.
Unstrittig ist, dass derartige Assistenzsysteme hilfreich sein können: Immer wieder und in allen Häfen passieren kleine und manchmal auch große Unfälle beim An- und auch beim Ablegen von Schiffen. Das verursacht Zeitverzögerungen oder gar folgenreiche Fahrplanstörungen und selbstverständlich auch teilweise erhebliche Kosten für die betroffenen Schiffe ebenso wie für die jeweiligen Hafenverwaltungen. Offen ist bislang allerdings, was die Weiterentwicklung solcher Systeme für Lotsen, Festmacher und andere Bereiche der Hafenarbeit für Folgen haben kann.