Die deutsche Hafenpolitik steht möglicherweise vor einer Wende – zigmal gefordert, könnte es dieses Mal ernst werden; allerdings bleibt die Richtung momentan noch unklar: eine kurze Nachbetrachtung zu aktuellen Debatten und zur 13. NMK.
Aktuell geht es im größten deutschen Seehafen Hamburg gerade um dessen Zukunft: Der geplante Einstieg der Genfer Mega-Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) bei der noch staatseigenen Hamburger Umschlagsgesellschaft HHLA war zwar während der 13. NMK in der vergangenen Woche kein offizielles Thema, dafür wurde im Foyer darüber reichlich geredet und auch geschimpft. Ob der Plan umsetzbar ist, muss sich zeigen: An der Elbe droht nicht nur Widerstand von Milliardär Klaus-Michael Kühne als Großaktionär von Hapag-Lloyd, Hamburgs größtem Reedereikunden. Auch der Familienbetrieb Eurokai, einziger namhafter HHLA-Konkurrent vor Ort, erwägt gerichtliche Schritte gegen das Vorhaben. Noch wichtiger aber ist der Aufruf der Gewerkschaft ver.di, die für den heutigen Nachmittag nicht nur die Beschäftigten der HHLA, sondern „alle Bürgerinnen und Bürger“ auffordert, gegen den geplanten Deal zu demonstrieren: „Als Teil der kritischen Infrastruktur gehört die HHLA … in öffentliche Hand“. Die Hamburger Linken-Abgeordnete Zaklin Nastic geißelt, es sei „geradezu absurd“, erst monatelang über eine geringe Beteiligung der chinesischen COSCO an einem einzigen HHLA-Terminal zu streiten und zu debattieren – und nun „ausgerechnet einer dubiosen Reederei aus dem Steuersparparadies Schweiz die Türen weit“ zu öffnen.
Unstrittig ist, dass es funktionsfähiger Häfen zur Gewährleistung sicherer Versorgung bedarf. Im Zuge der 13. NMK wurde dies – nicht unerwartet – nachdrücklich ergänzt. Denn zentrale Aufgabenstellungen wie Klimaschutz, Dekarbonisierung und Energiewende erfordern sowohl massiven Ausbau der Häfen als auch eine mindestens teilweise Neubestimmung ihrer Strukturen. Aber wer soll das bezahlen?
Warten auf NHS
Eigentlich hätte dies die angekündigte „Nationale Hafenstrategie“ (NHS) der Bundesregierung beantworten können – nur lag die zur NMK noch nicht vor. Achim Wehrmann, im Bundesverkehrsministerium zuständig für die NHS-Erarbeitung, bekam so manche Spitze zu hören, wenn er wiederholt darauf hinwies, der Entwurf komme noch in diesem Jahr. Wie berichtet, sind sich die Küstenländer, gesetzlich zuständig für Seehäfen, einig mit der Hafenwirtschaft, dass der rund 38 Millionen Euro hohe jährliche Bundeszuschuss mindestens verzehnfacht werden muss. Als aber der Kanzler am Donnerstag in Bremen feststellte, der Bund habe die Häfen jahrelang vernachlässigt, und eine Mittelerhöhung ankündigte, erntete er teils Gelächter aus dem Auditorium. Denn er ließ es – ganz ohne „Zeitenwende!“ oder „Wumms!“ – völlig offen, wann und wie diese Zuschüsse spürbar erhöht werden.
Dabei ist allen klar, dass die geforderte Aufstockung – Bremens Senatorin Kristina Vogt (Linke) unterstrich es – nur dafür reichen kann, vergangene Versäumnisse aufzuholen und so gewissermaßen den status quo zu sichern. Hingegen ist der notwendige Ausbau der Strukturen und Anlagen für die skizzierten weiteren Aufgaben eine ganz andere Frage: Der Grünen-Abgeordnete Felix Banaszak zum Beispiel verlangt in Sachen NHS, dass der Bund nicht nur zahlen, sondern auch strategisch mitreden soll – ein direkter Affront gegen die verbriefte Länderzuständigkeit. Man darf auf diese anstehende Debatte gespannt sein.