„Trotz Kritik aus allen Bereichen der Gesellschaft will der Senat mit der Brechstange den Ausverkauf des Hamburger Hafens durchsetzen“, schreibt die Fachgruppe Maritime Wirtschaft der Hamburger Landesbezirks der Gewerkschaft ver.di – in einem „Aufruf zur Hafen-Kundgebung“ gegen den geplanten MSC-Deal am kommenden Sonnabend um 11 Uhr auf dem Rathausmarkt der Hansestadt.
Vorstand und Aufsichtsrat der HHLA hatten am Montag dieser Woche für den umstrittenen Teilverkauf des überwiegend staatseigenen Hamburger Hafenkonzerns an die Genfer Mega-Reederei MSC gestimmt. Den Coup eingefädelt hatte der Hamburger Senat, die HHLA-Gremien haben nun nachgezogen, nachdem einige so genannte Zugeständnisse ausgehandelt worden waren – die allerdings die Beschäftigten und ihre Gewerkschaft für unzureichend halten.
Deren Unmut hatte sich schon am Wochenende gezeigt, als der Konzernbetriebsrat (KBR) nach intensiven Beratungen öffentlich vor dem Vertrag mit MSC gewarnt hatte. KBR-Vorsitzender Christian Baranowski hatte zwar laut Agenturen betont, man werde „wegen des Betriebsverfassungsgesetzes nicht zu Streiks oder Demonstrationen aufrufen“. Das hinderte Teile der HHLA-Beschäftigten aber nicht, spontan zu reagieren und unmittelbar nach Bekanntwerden des HHLA-Einlenkens am späten Montag Nachmittag in einen „wilden“ Streik zu treten: Am Containerterminal Burchardkai (CTB) legten rund hundert von ihnen, fast die gesamte aktive Schicht, die Arbeit nieder und versammelten sich vor dem Terminal-Tor – „wütend“, berichtete die Morgenpost. Die Zeitung zitierte die engagierte CTB-Betriebsrätin Jana Kamischke mit den Worten: „Wir fühlen uns als Arbeitnehmer nicht ernst genommen!“
Die Kundgebung am Sonnabend steht unter dem mahnenden Motto „Unser Hafen – nicht euer Casino!“. Am Dienstag kommender Woche wird es im Gewerkschaftshaus noch eine Podiumsdiskussion mit den hafenpolitischen Sprechern der Bürgerschaftsfraktionen geben, bevor am 22. November, dem Tag der entscheidenden Parlamentssitzung, eine weitere Demonstration den öffentlichen Druck stärken soll. Noch im September, unmittelbar nach Bekanntwerden des umstrittenen Plans von Senat und MSC, hatte Bürgermeister Peter Tschentscher auf wütende Proteste der Beschäftigten reagiert mit dem Versprechen. „Die Arbeitsbedingungen, die Arbeitsverträge, das bleibt alles unberührt“. Tatsächlich sehen die jetzigen Vereinbarungen nur einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen für mindestens fünf Jahre vor.
Geplant ist, wie berichtet, die HHLA künftig als Gemeinschaftsunternehmen der Stadt Hamburg – mit 50,1 Prozent Anteil – und MSC (49,9 Prozent) zu führen. Während der Senat dabei auf Zusagen von MSC unter anderem bezüglich garantierten Umschlags baut, warnen – neben den Beschäftigten – auch diverse Branchenkenner vor Verlagerungen oder gar Abwanderung anderer Reeder: Man werde doch nicht Terminalgebühren an einen der größten Konkurrenten zahlen, soll einer gesagt haben.
Während Verdi vor allem tarifliche Absicherung für alle Beschäftigten verlangt, wird insbesondere die Zusage von Stadt und MSC, der HHLA zusätzliches Eigenkapital von 450 Millionen Euro für Investitionen zur Verfügung zu stellen, kritisch gesehen. Hamburg muss rund 19 Prozent seiner jetzigen HHLA-Aktien verkaufen, um nur noch 50,1 Prozent zu behalten. Die Stadt erlöst so nach aktuellem Kurs knapp 240 Millionen Euro, erhöht mit 225 das neue Eigenkapital um die Hälfte – die andere kann MSC dank damit verbundener Wertsteigerung ohne nennenswerte weitere Einbußen zuschießen. „Ausverkauf öffentlichen Eigentums“, nennen das manche.