Seit mehr als zehn Monaten eskaliert ein Tarifkonflikt zwischen der australischen Hafenarbeiter- und Seeleutegewerkschaft Maritime Union of Australia (MUA) und dem globalen Hafenbetriebskonzern DP World, der – die Abkürzung steht für Dubai Ports – der Herrscherfamilie des arabischen Emirats gehört. Nach monatelang punktuellen sollen kommenden Dienstag flächendeckende Streiks in Fremantle, Melbourne, Sydney und Brisbane beginnen.
DP World ist mit mehr als 70 Standorten einer der weltgrößten Hafenbetreiber, in down under managt der Konzern die Container-Terminals der vier genannten Metropolen und damit rund 40 Prozent des australischen Seehandels-Frachtvolumens. Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF), die die MUA unterstützt, berichtete jüngst in einer Pressemitteilung unter Berufung auf die australische Wettbewerbs- und Verbraucherkommission, DP World habe allein in diesen vier Häfen im vergangenen Jahr „einen Umsatz von unglaublichen 830 Millionen US-Dollar gemeldet, wobei sich der Gewinn in den letzten drei Jahren vervierfacht hat“.
Das allerdings hindert DP World nach Angaben der ITF nicht, den Hafenarbeitern massive Lohnkürzungen und weitere Arbeitsverschärfungen aufzwingen zu wollen: Ende September 2023 war ein Tarifvertrag mit der MUA ausgelaufen, schon seit März vorigen Jahres hatte die Gewerkschaft versucht, mit DP World über ein neues Abkommen zu verhandeln. Vergeblich. 2023 sind den Hafenarbeitern laut ITF nur 2,5 Prozent Lohnerhöhung gewährt worden – sechs Prozent unterhalb der nationalen Inflation und „deutlich niedriger“ als Abschlüsse in benachbarten Terminals anderer Betreiber. Aber das scheint den Chefs von DP World Australia immer noch zu viel.
DP World verhängt Lohnstreichungen
Das Infoportal Maritime Executive (ME) meldete zu Jahresbeginn massive Verschärfungen des Konflikts. DP World habe angekündigt, allen Hafenarbeitern, die sich an Streiks beteiligten, den vollen Lohn zu streichen; ferner sollten Lohnzahlungen für beurlaubte Kollegen eingestellt werden – alles mit dem erklärten Ziel, die MUA zu einem baldigen Abschluss zu zwingen. Der ITF zufolge soll dieser Lohnkürzungen in Höhe von bis zu 14 Prozent, zusätzliche Wochenendschichten und Urlaubskürzungen in Umfängen, die gegen nationales Recht verstoßen würden, beinhalten.
Vor rund zwei Wochen kam es laut ME daraufhin zu weiteren Hafenstreiks in Sydney, Brisbane und Freemantle sowie partiell in Melbourne. Zugleich wandte sich die MUA an die Fair Work Commission (FWC), die nach australischem Arbeitsrecht zuständige staatliche Schlichtungsbehörde. Parallel beschweren sich Kunden – Spediteure, Verlader, Reeder – über Störungen infolge der Streiks und fordern angesichts zunehmender Lieferverzögerungen und Millionenverluste ein Eingreifen der Regierung gegen die MUA. Allerdings scheint diese Front gespalten, denn DP World hat seinen Kunden zu Anfang Februar massive Ratenerhöhungen – laut ITF teilweise bis zu 52 Prozent – für den Containerumschlag angekündigt.
Mittlerweile, so berichtet ME, habe die FWC der Gewerkschaft, die die Kürzungspläne des Betreibers mit Lohnerhöhungsforderungen um 16 Prozent beantwortet hat, den Rücken gestärkt. Der MUA wurden weitere Streiks – wie jetzt für kommende Woche terminiert – gestattet. Premierminister Anthony Albanese (Labour) forderte in Interviews ein „für beide Seiten vorteilhaftes Ergebnis“: Es sei fair, die Hafenarbeiter von den hohen Gewinnen von DP World profitieren zu lassen. Arbeitsminister Tony Burke erklärte nach getrennten Gesprächen mit beiden Seiten, dass er nicht die Absicht habe, in diesen Konflikt jetzt einzugreifen. Derweil sorgt die ITF für starke internationale Solidarität vor allem aus anderen DP-World-Standorten: Dort herrschten elementar andere Verhältnisse, in den Niederlanden oder Belgien etwa sei es selbstverständlich, dass Tarifverträge auch mit diesem Konzern Inflationsanpassungs-Klauseln enthielten.
Nachtrag vom 3. Februar 2024:
Einer Mitteilung auf der MUA-Webseite zufolge haben nur wenige Tage massiver Arbeitskämpfe, begleitet von Verhandlungen beider Seiten vor der FWC, zu einem Abschluss geführt. Der neue Tarifvertrag ersetze den im September vergangenen Jahres ausgelaufenen, habe eine Laufzeit von vier Jahren und beinhalte faire Bezahlung, ein Management für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz und gegen Ermüdung – bedauerlicherweise werden keine weiteren Details berichtet.