Container-Allianzen werden aufgemischt

Der Hapag-Lloyd-Konzern, Deutsch­lands größ­te und welt­weit fünft­größ­te Container-Reederei, und ihr jah­re­lan­ger Kon­kur­rent, Däne­marks Groß­ree­de­rei Mærsk, haben über­ra­schend ver­ein­bart, ab Febru­ar kom­men­den Jah­res ein Lini­en­bünd­nis mit Tei­len ihres jewei­li­gen Flot­ten­pools zu betrei­ben. In der Bran­che hat die­se bis­lang unge­wohn­te Form einer Koope­ra­ti­on für erheb­li­che Unru­he gesorgt. 

Die bei­den Ree­de­rei­en sind der­zeit noch in unter­schied­li­chen so genann­ten „Alli­an­zen“ enga­giert. Als vor Jah­res­frist der Welt­markt­füh­rer der Con­tai­ner­schiff­fahrt, die Gen­fer Ree­de­rei MSC, und Mærsk für Janu­ar 2025 die Auf­lö­sung ihrer Alli­anz 2M ankün­dig­ten, war klar, dass es irgend­ei­ne Neu­ord­nung die­ser Schifffahrts-Allianzen geben wer­de. Nur das „Wie“ blieb unge­wiss, zumal die­se kar­tell­ähn­li­chen Alli­an­zen und ihre andau­ern­de Bil­li­gung durch Regie­run­gen und Wett­be­werbs­hü­ter hef­tig umstrit­ten sind. Unmit­tel­bar nach Bekannt­ga­be der geplan­ten neu­en Zusam­men­ar­beit hat Hapag-Lloyd soeben sei­ne Mit­glied­schaft im dritt­stärks­ten Bünd­nis eben­falls zum Janu­ar 2025 gekün­digt: In THE Alli­ance koope­rie­ren die Ham­bur­ger bis­lang gemein­sam mit Japans natio­na­lem Ree­de­rei­bünd­nis ONE, Tai­wans Yang Ming und Süd­ko­re­as HMM. Skur­ril­erwei­se hat­te Hapag-Lloyd erst im ver­gan­ge­nen Jahr sei­ne Mit­glied­schaft im Bünd­nis THE Alli­ance bis 2030 ver­län­gert, nun wird sie wegen der geplan­ten Koope­ra­ti­on mit Mærsk vor­zei­tig been­det. Par­al­lel hat­te Konzern-Chef Rolf Hab­ben Jan­sen gera­de vor weni­gen Wochen in einem Inter­view mit dem Fach­blatt Deut­sche Verkehrs-Zeitung (DVZ) ange­kün­digt, den Geschäfts­be­reich der Terminal-Beteiligungen als Ergän­zung der Lini­en­schiff­fahrt deut­lich aus­wei­ten zu wol­len. Die aktu­ell ange­kün­dig­te Zusam­men­ar­beit von Mærsk als zweit- und Hapag-Lloyd als fünft­größ­ter Con­tai­ner­ree­de­rei machen die­se und wei­te­re Frag­men­te der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit nun verständlich.

Unglei­che Zwillinge

Laut offi­zi­el­ler Mit­tei­lung bei­der Kon­zer­ne will das neue Bünd­nis unter dem Namen Gemi­ni Koope­ra­ti­on einen gemein­sa­men Flot­ten­pool von rund 290 Schif­fen mit einer Gesamt­ka­pa­zi­tät von 3,4 Mil­lio­nen TEU ein­set­zen; Mærsk soll 60, Hapag-Lloyd 40 Pro­zent die­ser Kapa­zi­tät stel­len. Zur Ein­ord­nung: Mærsk betreibt in der Lini­en­fahrt aktu­ell 679 Schif­fe mit einer Kapa­zi­tät von 4,16 Mil­lio­nen TEU, bei Hapag-Lloyd sind es 269 Schif­fe für 1,98 Mil­lio­nen TEU. Die unglei­chen Zwil­lin­ge betei­li­gen sich also nur mit Tei­len ihrer Flot­ten an dem künf­ti­gen Pro­jekt, aber sie schü­ren damit trotz­dem Unru­he – denn sie mischen so die bis­he­ri­gen Allianz-Strukturen wei­ter auf: MSC scheint nach Been­di­gung von 2M vor­erst allein agie­ren zu wol­len und setzt wei­ter auf Größen- und Kapa­zi­täts­wachs­tum – mit einem momen­ta­nen Bestand von 799 Schif­fen für 5,64 Mil­lio­nen TEU und einem Bestell­vo­lu­men von 118 Schif­fen für wei­te­re 1,43 Mil­lio­nen TEU.

Dem Bünd­nis THE Alli­ance, so der Lini­en­ex­per­te Lars Jen­sen vom däni­schen Bera­tungs­bü­ro Vespuc­ci Mari­ti­me in einer LinkedIn-Notiz, dro­hen hin­ge­gen Tur­bu­len­zen: Die nach Aus­stieg von Hapag-Lloyd ver­blei­ben­den drei asia­ti­schen Part­ner (s. o.) kämen nun in eine „sehr ver­letz­li­che Lage“. Wäh­rend 2M momen­tan rund 34,5 Pro­zent der Kapa­zi­tät in der Welt­con­tai­ner­schiff­fahrt stellt, kommt THE Alli­ance aktu­ell nur auf rund 18,6 Pro­zent – ohne die Ham­bur­ger 11,6. Laut Jen­sen könn­te die­ses Rest­bünd­nis weder mit einer eigen­stän­di­gen MSC noch mit Gemi­ni mit­hal­ten – gerie­te aber auch gegen­über der drit­ten Alli­anz, dem glo­bal zweit­stärks­ten noch exis­tie­ren­den Bünd­nis, ins Hin­ter­tref­fen: In der Oce­an Alli­ance sind der­zeit die Unter­neh­men CMA CGM (Frank­reich), Cosco (Chi­na) und Ever­green (Tai­wan) mit­ein­an­der ver­bun­den, alle drei stel­len 29,2 Pro­zent der glo­ba­len Kapa­zi­tät. Das mari­ti­me Por­tal Splash 24/7 (Sin­ga­pur) etwa emp­fiehlt Ever­green einen Wech­sel zu THE Alli­ance, ohne zu sagen, wie es dann mit Cosco und CMA CGM wei­ter­ge­hen kön­ne. Auch die Lon­do­ner Bera­ter von Dre­wry sehen ONE, Yang Ming und HMM jetzt „in der Klem­me“. Die Unru­he dürf­te jeden­falls den Kon­kur­renz­kampf der Container-Oligopole und wohl auch die Kon­zen­tra­ti­on wei­ter zuspitzen.

Erklär­tes Ziel von Gemi­ni ist es, auf 26 Lini­en­diens­ten in sie­ben Fahrt­ge­bie­ten zwi­schen Fern­ost, Nahost/Indien, Mit­tel­meer, Nord­eu­ro­pa sowie den USA Effi­zi­enz und Pünkt­lich­keit ihrer Ver­keh­re dras­tisch zu erhö­hen; von Afri­ka oder Süd­ame­ri­ka ist bis­lang nicht die Rede. Dank fle­xi­ble­rer Struk­tu­ren sol­len trans­kon­ti­nen­tal nur noch gro­ße Schif­fe ein­ge­setzt wer­den, klei­ne­re gewähr­leis­ten kon­ti­nen­ta­le Fee­der­diens­te. Der so erziel­te Effi­zi­enz­ge­winn soll die kli­ma­schutz­ge­rech­te Dekar­bo­ni­sie­rung der Schiff­fahrt beschleunigen.

Welt­weit sol­len bevor­zugt Ter­mi­nals bedient wer­den, an denen einer der Part­ner direkt betei­ligt ist. Was das kon­kret bedeu­tet, zeigt sich der­zeit an der Nord­see: Die DVZ zitier­te Hab­ben Jan­sen, Gemi­ni wer­de, ver­gli­chen mit 2022, rund 20 Pro­zent mehr Ladung in die deut­schen Häfen brin­gen. Ham­burg aller­dings soll etwa 10 Pro­zent ein­bü­ßen – zuguns­ten von Bre­mer­ha­ven, wo Mærsk, und Wil­helms­ha­ven, wo Hapag-Lloyd betei­ligt ist.

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WATERKANT-Redaktion