SPD Bremen zankt sich um Weservertiefung

Der lan­ge umstrit­te­ne Plan einer Weser­ver­tie­fung hat kürz­lich in Bre­mer­ha­ven und Bre­men – ein­mal mehr – für Tru­bel und Streit gesorgt: Am Monats­en­de hat­te der SPD auf ihrem Lan­des­par­tei­tag ein Beschluss­an­trag vor­ge­le­gen, dem so viel Spreng­kraft inne­wohn­te, dass er letzt­lich – ver­tagt wurde. 

Vier Tage zuvor hat­te die Bre­mer­ha­ve­ner Nordsee-Zeitung ent­hüllt, ein „Antrag aus dem mäch­ti­gen SPD-Unterbezirk Bremen-Stadt (for­de­re) einen Stopp der Pla­nun­gen für die Ver­tie­fung der Weser zwi­schen Bre­mer­ha­ven und Bra­ke“. Der Lan­des­vor­stand, so die Zei­tung empört, habe dem Par­tei­tag „auch noch Zustim­mung“ emp­foh­len; die Dik­ti­on macht deut­lich, in wel­chen Mus­topf die stadt­bre­mi­schen Genos­sen da gegrif­fen hat­ten: Nicht nur die loka­le Pres­se an der Weser­mün­dung muck­te auf, empört reagier­ten auch Bre­mer­ha­vens Sozi­al­de­mo­kra­ten samt SPD-Bürgermeister Melf Grantz, die Oppo­si­ti­on, die Han­dels­kam­mer sowie etli­che wei­te­re Ver­bän­de. Vie­le von ihnen fürch­ten indes weni­ger die For­de­rung an sich als viel­mehr ihre poten­zi­el­len Fol­gen. Und das hat zu tun mit dem Pla­nungs­recht und den dar­in gere­gel­ten Kom­pe­ten­zen der Bundesländer.

2016 hat­te das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt die dama­li­ge Pla­nung zur Weser­ver­tie­fung für rechts­wid­rig erklärt: Es dürf­ten nicht drei Fluss­ab­schnit­te in einem Ver­fah­ren gere­gelt wer­den. Bekannt­lich soll­ten die Außen­we­ser zwi­schen Nord­see und Bre­mer­ha­ven, die nörd­li­che Unter­we­ser zwi­schen Bre­mer­ha­ven und Bra­ke sowie die süd­li­che Unter­we­ser zwi­schen Bra­ke und Bre­men unter­schied­lich tief aus­ge­bag­gert wer­den. Mit dem Urteil war die Sache aber nicht erle­digt, viel­mehr wur­de nun über drei ver­schie­de­ne Plan­ver­fah­ren debat­tiert. In ihrem aktu­el­len Koali­ti­ons­ver­trag für das Land Bre­men erklär­ten SPD, Lin­ke und Grü­ne im vori­gen Som­mer, auf den drit­ten Abschnitt „aus öko­lo­gi­schen Grün­den“ ver­zich­ten zu wol­len. Für den mitt­le­ren Abschnitt wur­de eine Ent­schei­dung zurück­ge­stellt, man will mit Blick auf öko­lo­gi­sche Fol­gen und Hoch­was­ser­schutz amt­li­che Unter­su­chun­gen abwar­ten. Ledig­lich die Außen­we­ser­ver­tie­fung bejah­ten die Koali­tio­nä­re unein­ge­schränkt, um der Schiff­fahrt „eine dau­er­haft wett­be­werbs­fä­hi­ge Erreich­bar­keit Bre­mer­ha­vens zu ermöglichen“.

Brei­ter Wider­stand in der Wesermarsch

Um den Abschnitt Bremerhaven-Brake, das einen drei­stel­li­gen Mil­lio­nen­be­trag Steu­er­gel­der ver­schlin­gen wür­de, wird am hef­tigs­ten gestrit­ten. Nicht nur in der SPD des Unter­be­zirks Bremen-Stadt, auch in gro­ßen Tei­len der Bevöl­ke­rung wird das Vor­ha­ben kri­tisch gese­hen: Ver­än­der­ter Tide­hub und mög­li­che Ver­schli­ckung bedeu­ten erheb­li­che Risi­ken. Auf der lin­ken Weser­sei­te, im Land­kreis Weser­marsch, wird die Maß­nah­me zwar sehr breit abge­lehnt – aus­ge­rech­net dort aber ist der ein­zi­ge Nutz­nie­ßer der geplan­ten Ver­tie­fung ansäs­sig, der See­ha­fen Bra­ke mit dem Betrei­ber­un­ter­neh­men Jan Mül­ler. Dabei wird die Not­wen­dig­keit der Ver­tie­fung für eben die­sen Hafen seit Jah­ren schön­ge­rech­net. Tat­säch­lich hat­ten in den ver­gan­ge­nen knapp zehn Jah­ren weni­ger als fünf Pro­zent aller ein- oder aus­lau­fen­den See­schif­fe im Bra­ker Hafen über­haupt einen Tief­gang von mehr als zehn Metern; die aktu­el­le Fahr­was­ser­tie­fe beträgt 11,90 Meter. Und die meis­ten Schif­fe der übri­gen rund 95 Pro­zent sind viel zu klein, um der­ar­ti­ge Tief­gän­ge über­haupt errei­chen zu können.

Der Haken an der Sache ist, dass Fir­ma Mül­ler die Lan­des­re­gie­rung in Han­no­ver (bis­lang) auf ihrer Sei­te weiß. Die aber muss – Stich­wort Pla­nungs­recht – der von Bre­men gewünsch­ten Außen­we­ser­ver­tie­fung zustim­men, weil die Län­der­gren­ze mit­ten in der aus­zu­bag­gern­den Fahr­rin­ne ver­läuft. Falls also Bre­men die Ver­tie­fung der nörd­li­chen Unter­we­ser ver­neint, hät­te Han­no­ver es in der Hand, sich einem Antrag der Nach­barn auf Zustim­mung beim Außenweser-Vorhaben zu ver­wei­gern. Alles in allem Grund genug für den SPD-Landesvorstand, den bri­san­ten Antrag gleich zu Beginn des Par­tei­tags von der Tages­ord­nung zu strei­chen. Die Ankün­di­gung, das The­ma erst intern mit den Vor­stän­den der Unter­be­zir­ke erör­tern zu wol­len, erhielt zwar Bei­fall – der Streit dürf­te indes nur ver­tagt sein.

Über waterkant

WATERKANT-Redaktion