Mehrere hundert Menschen haben Mitte dieser Woche erneut gegen den geplanten Einstieg der Reederei MSC bei Hamburgs Hafenlogistiker HHLA protestiert. Hafenarbeiter und Sympathisanten – leider nicht mehr als 1000 – zogen von der HHLA-Zentrale in der Speicherstadt vorbei an der lokalen MSC-Filiale zur Wirtschaftsbehörde. Parolen wie „Unser Hafen – nicht Euer Casino!“, „Wir lassen uns nicht verraMSChen!“ oder „Unser Hafen, unsere Stadt, macht den MSC-Deal platt“ schallten durch die Stadt.
Im Herbst 2023 hatte der Senat das umstrittene Vorhaben angekündigt, den bislang überwiegend staatseigenen Terminalbetreiber Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) zu knapp der Hälfte an die weltgrößte Containerreederei Mediterranean Shipping Company (MSC) zu übereignen; das Unternehmen gehört der Familie Aponte, laut Infoportal Splash 247 „die reichste Familie der Schweiz“. Anfang vergangener Woche hat der Senat aus SPD und Grünen dazu einen offiziellen Beschluss gefasst, kommende Woche will Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) vor der Bürgerschaft eine Regierungserklärung abgeben; mit einer Entscheidung des Landesparlaments wird im Mai dieses Jahres gerechnet. Auch eine Zustimmung der EU-Kommission steht noch aus.
Die Kundgebung am Mittwoch hatte die Gewerkschaft ver.di initiiert. Bereits im vergangenen Jahr hatten mehrere Protestaktionen stattgefunden, teils von Streiks und heftigen Auseinandersetzungen begleitet, aber auch deutlich stärker frequentiert. Ob es geschickt war, dass Landesbezirksleiterin Sandra Goldschmidt dies am Mittwoch im Fernsehinterview mit Hinweis auf resignative Stimmung kommentierte, sei dahingestellt.
Ver.di sieht in der geplanten Fusion massive Risiken für tausende HHLA- und weitere Hafenbeschäftigte sowie eine Gefährdung der „Interessen der Stadtgesellschaft“ insgesamt. Ohne einen weiterhin deutlichen Mehrheitsanteil der Stadt an der HHLA, so die Befürchtung, könne der Hafen weder ökonomisch und sozial noch umwelt- und klimapolitisch langfristig sinnvoll gestaltet werden. Überfällige Schritte wie die von der Ampel angekündigte Nationale Hafenstrategie oder die oft geforderte überregionale Hafenkooperation würden durch den „MSC-Deal“ blockiert oder behindert.
„Weit unter Wert verscherbelt“
Wie berichtet, soll Hamburg rund 20 Prozent seiner derzeitigen Aktien an MSC verkaufen, damit die Reederei auf den angestrebten Anteil von 49,9 Prozent kommt. Dies erfolgt zu einem Zeitpunkt niedrigen HHLA-Börsenkurses, heißt es, öffentliches Eigentum werde weit unter Wert verscherbelt. Der Hamburger Senat verkaufe gerade „das Tafelsilber der Stadt“, so der Dachverband „Kritische Aktionäre“. Gerade hat der HHLA-Vorstand mitgeteilt, dass 2023 Umbruch und Gewinn eingebrochen seien – was aber nach den jüngsten Boom-Jahren und angesichts schwacher Konjunktur niemanden ernsthaft wundert. Zugleich hat die HHLA-Tochter Metrans, Deutschlands zweitgrößtes Bahnunternehmen, soeben die Adria Rail Group übernommen – eine Ausweitung, die Kritiker des MSC-HHLA-Deals für einen Coup im Interesse der Genfer Reederei halten.
Unmut erzeugt auch, dass Details der Fusions-Verträge bis heute nicht veröffentlicht wurden. Der zugesicherte 5-Jahres-Verzicht auf „betriebsbedingte Kündigungen“ bei der HHLA reicht ver.di bei Weitem nicht, weil dies weder Verkäufe noch Arbeitsplatzabbau oder Umstrukturierungen ausschließe. Der Hafenarbeiter und ver.di-Vertrauensmann Deniz Askar Dreyer etwa hatte jüngst in einer Anhörung zum Hafenentwicklungsplan massive Job-Ängste bei eigenen Kollegen, aber auch bei Festmachern, auf Schleppern und bei Laschern festgestellt, weil MSC derartige Tätigkeiten gerne eigenen Töchtern übertrage. Es sei „nicht hinnehmbar, dass die Risiken einer rein profitorientierten Ausrichtung der strategisch wichtigen HHLA von den Beschäftigten und nicht zuletzt von unserer gesamten Stadtgesellschaft getragen werden müssen“, formulierte es ver.dis für Häfen zuständiger Hamburger Fachbereichsleiter André Kretschmar.