Seit gestern ist in den deutschen Nordseehäfen wieder Arbeitskampf angesagt: Die Gewerkschaft ver.di hat die Beschäftigten zwischen Emden und Hamburg mit Beginn der gestrigen Frühschicht zu weiteren Warnstreiks aufgerufen. Anlass: Seit gestern tagt die dritte Verhandlungsrunde mit dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), die ersten beiden Treffen waren ja erfolglos geblieben.
Die Arbeitsniederlegungen dauern dieses Mal je nach Hafenstandort zwischen 24 und 48 Stunden, in Hamburg von gestern früh bis zum Ende der heutigen Spätschicht. Die Beschäftigten von der Unterweser – Bremen, Brake, Bremerhaven – sowie aus Emden waren aufgerufen, nach Hamburg zu fahren. Dort fand gestern Mittag in der Innenstadt eine Demonstration mit mehreren Zwischenkundgebungen statt, und zwar nicht nur beim lokalen Terminalbetreiber HHLA und dem ZDS, sondern auch – aus aktuellem Anlass – bei der Zentrale der Schweizer Großreederei MSC.
Die Stimmung unter den Beschäftigten ist aufgeheizt, die erste Warnstreikrunde der vergangenen zwölf Tage – noch nach Standorten gestaffelt – hatte dies eindrucksvoll gezeigt. Ver.di-Verhandlungsführerin Maren Ulbrich unterstrich am Sonntag in einer Pressemitteilung noch einmal nachdrücklich, dass insbesondere die unteren Lohngruppen wegen der Inflationsfolgen finanziell entlastet werden müssten. Was das konkret bedeutet, berichtete vergangene Woche die Nordsee-Zeitung über den Warnstreik in Bremerhaven: „Wir merken, es geht beim Umschlag aufwärts, aber beim privaten Einkauf ist weniger im Einkaufswagen“, zitierte das Blatt den gewerkschaftlichen Vertrauensmann Andre Alpers. „Man trage zum Erfolg bei, werde aber nicht angemessen beteiligt.“
Mit der ersten Warnstreikwelle hatte ver.di Terminalbetreiber und Hafenlogistik noch überraschen können: Mehrere lokale Streikaufrufe hatten sich – unter anderem in Bremerhaven oder Emden – zunächst auf die jeweilige Frühschicht bezogen; entsprechend waren Reedereien und Speditionen unterrichtet worden. Tatsächlich dauerten die Warnstreiks dann aber bis zum Spätschichtende gegen 22 Uhr, was die lokalen Notfallpläne der Betreiber empfindlich durcheinander gebracht haben soll. Von der jetzigen, angeblich heute zu Ende gehenden Verhandlungsrunde erwarten Gewerkschaft und Hafenbeschäftigte einen zufriedenstellenden Abschluss. Wie zu hören ist, besteht Einigkeit darüber, dass ohne entsprechendes Ergebnis die nächsten Arbeitskämpfe „nicht nur ein, zwei Schichten“ einschließen könnten. Wenn nichts passiere, werde das länger dauern.
Insgesamt sind gestern und heute nach Angaben der Gewerkschaft an allen Standorten zusammen mehr als 11.000 Beschäftigte zum Warnstreik aufgerufen. Der gestrige Hamburger Demonstrationszug begann am späten Vormittag am Treffpunkt Elbphilharmonie, zog durch die Speicherstadt und an den genannten Kundgebungsorten sowie dem Hauptbahnhof vorbei und endete schließlich am Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof.