Hamburg: Weitere Hafen-Privatisierung?

Die seit mehr als einem Jahr in Ham­burg hef­tig dis­ku­tier­te Idee der weit­ge­hen­den Pri­va­ti­sie­rung des Hafens – gemeint ist die Fusi­on der noch teil­staat­li­chen HHLA mit der Gen­fer Mega-Reederei MSC – treibt neu­er­dings ris­kan­te Blü­ten: Angeb­lich will sich auch HHLA-Konkurrent Euro­ga­te exter­ne Betei­li­gung an die Kaje holen und zwar den MSC-Konkurrenten CMA CGM aus Marseille. 

Am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de hat die grü­ne Bun­des­au­ßen­mi­nis­te­rin Anna­le­na Baer­bock den Ham­bur­ger Hafen und den Ter­mi­nal­be­trei­ber HHLA besucht. Dabei, so berich­te­te es die Agen­tur Reu­ters anschlie­ßend, habe sie „mit Blick auf Akteu­re wie Chi­na und Russ­land einen ener­gi­sche­ren Schutz der kri­ti­schen Infra­struk­tur ange­mahnt“. Zwar soll im Kon­text „chi­ne­si­scher Inves­ti­tio­nen in deut­sche Infra­struk­tur“ auch von der COSCO-Beteiligung am kleins­ten HHLA-Terminal Tol­ler­ort die Rede gewe­sen sein – dass Baer­bock auch die geplan­te Fusi­on des Gesamt­kon­zerns HHLA mit der Schwei­zer Ree­de­rei MSC kri­ti­siert hät­te, ist dem Bericht nicht zu ent­neh­men: Die­ses weit­aus schwe­rer wie­gen­de Vor­ha­ben ist, wie erwähnt, äußerst umstrit­ten – aber es wird ja schließ­lich von ihren aktu­ell mit­re­gie­ren­den Par­tei­freun­den maß­geb­lich befür­wor­tet. Und eben auch das momen­tan an der Elbe kur­sie­ren­de Gerücht einer even­tu­el­len Koope­ra­ti­on des HHLA-Konkurrenten Euro­ga­te mit der fran­zö­si­schen Ree­de­rei CMA CGM scheint der Grü­nen kei­ne Erwäh­nung Wert gewe­sen zu sein: Der NDR hat­te tags zuvor dar­über berichtet.

Skiz­ze zur geplan­ten „West­erwei­te­rung“ des CTH
Gra­fik: OSM / Waterkant

Euro­ga­te strebt seit lan­gem eine Erwei­te­rung sei­nes Ter­mi­nals im Stadt­teil Wal­ters­hof an und will die­sen Plan laut NDR viel­leicht gemein­sam mit den Fran­zo­sen umset­zen. Wäh­rend die HHLA mit Tol­ler­ort, Alten­wer­der und Bur­chard­kai drei Ter­mi­nals betreibt, hat Euro­ga­te in Ham­burg bis­lang nur die­sen einen. Um des­sen so genann­te „West­erwei­te­rung“ wird seit Jahr­zehn­ten gestrit­ten: Der Pre­döhl­kai, die exis­tie­ren­de Kaje auf der süd­west­li­chen Sei­te des Wal­ters­ho­fer Hafen­be­ckens – gegen­über liegt ein Teil des Bur­chard­kais –, soll nach Nord­wes­ten ver­län­gert wer­den. Nach Ver­fül­lung des ehe­ma­li­gen Petro­le­um­ha­fens soll die Kaje um rund 1000 Meter erst bis zur Elbe und dann gen Wes­ten ent­lang deren Buben­dey­u­fers aus­ge­baut wer­den (sie­he Gra­fik). Damit ver­bun­den wäre ein Schritt, der auch die kon­kur­rie­ren­de HHLA für den Plan ein­neh­men soll: Der zwi­schen Buben­dey­u­fer, Oevel­gön­ne und Bur­chard­kai lie­gen­de Großschiff-Drehkreis auf der Elbe soll von 480 auf 600 Meter erwei­tert werden.

Im Spät­som­mer 2009 waren die Plan­fest­stel­lungs­un­ter­la­gen öffent­lich aus­ge­legt wor­den, Ende 2016 erging der Plan­fest­stel­lungs­be­schluss. Es gab hef­ti­ge Wider­stän­de und meh­re­re Kla­gen, die aber schei­ter­ten. Im letz­ten Ver­fah­ren wies das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt vor drei Jah­ren Ein­wän­de gegen die Bedarfs­pro­gno­se abschlie­ßend zurück, recht­lich steht nach Ansicht der Pla­ner somit dem Aus­bau nichts mehr im Wege. Aller­dings: Bis zu einer kon­kre­ten Umset­zung braucht es etli­che wei­te­re Jah­re; zugleich könn­te sich der momen­ta­ne Trend wei­ter schrump­fen­der Umschlags­zah­len fort­set­zen – ob das dann immer noch gilt, bleibt abzuwarten.

Der Ter­mi­nal­be­trei­ber Euro­ga­te mit Stamm­sitz Bre­men gehört zu glei­chen Tei­len der über­wie­gend staat­li­chen Bre­mer BLG Logi­stics Group und dem Ham­bur­ger Fami­li­en­un­ter­neh­men Euro­kai. Er betreibt Ter­mi­nals nicht nur in Ham­burg, son­dern auch in Bre­mer­ha­ven sowie den Tief­was­ser­ha­fen Jade­We­ser­Port (JWP) in Wil­helms­ha­ven, fer­ner in Ita­li­en, Marok­ko, Zypern und dem­nächst in Ägypten.

Anders als bei der geplan­ten Fusi­on von HHLA und MSC, bei der den Gen­fern auch weit­ge­hen­de Eigen­tü­mer­rech­te zuge­stan­den wer­den sol­len, pflegt Euro­ga­te bis­lang mit so genann­ten Joint Ven­tures – terminal-bezogene Betrei­ber­ge­sell­schaf­ten – eine ande­re Pra­xis. Beim JWP ist nach dem Mærsk-Ausstieg nun Hapag-Lloyd mit 30 Pro­zent der­art betei­ligt. In Bre­mer­ha­ven gibt es ver­gleich­ba­re „Töch­ter“ zwar sowohl mit MSC als auch mit Mærsk – sie betref­fen aber jeweils nur Abschnit­te der dor­ti­gen, rund fünf Kilo­me­ter lan­gen Strom­ka­je: Der mit den Dänen betrie­be­ne North Sea Ter­mi­nal (NTB) misst 1800 Meter, wäh­rend mit den Schwei­zern das 1220 Meter lan­ge MSC Gate gemein­schaft­lich gema­nagt wird.

Eine radi­ka­le Ände­rung die­ser Art von Koope­ra­ti­on wäre für ein Unter­neh­men wie Euro­ga­te unge­wöhn­lich. Der Kon­zern hat die geplan­te Hamburg-Kooperation mit CMA CGM bis­lang nicht bestä­tigt. Fol­gen etwa für die Arbeits­plät­ze oder die wei­te­re Ent­wick­lung des Ham­bur­ger Hafens sind daher momen­tan nicht absehbar.

 

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WATERKANT-Redaktion