US-Ostküstenhäfen vor hartem Arbeitskampf

Wäh­rend sich die aktu­el­le Tarif­run­de für die hie­si­gen Nord­see­hä­fen in der War­te­schlei­fe befin­det – die Mit­glie­der­be­fra­gung endet kom­men­de Woche –, knirscht es jen­seits des Atlan­tiks deut­lich: Die nord­ame­ri­ka­ni­sche Hafen­ar­bei­ter­ge­werk­schaft Inter­na­tio­nal Longshoremen’s Asso­cia­ti­on (ILA) berei­tet einen har­ten Arbeits­kampf vor. 

Seit Wochen wer­fen sich die ILA und der US-Unternehmensverband United Sta­tes Mari­ti­me Alli­ance (USMX) gegen­sei­tig vor, die Tarif­ver­hand­lun­gen zu ver­schlep­pen. Dabei geht es zum einen um mas­si­ve, infla­ti­ons­aus­glei­chen­de Lohn­er­hö­hun­gen und die Erneue­rung des gel­ten­den Rah­men­ta­rif­ver­tra­ges für rund 14.500 Docker in sechs gro­ßen US-Seehäfen der Ost- und Golf­küs­te (die ILA ist für die Beschäf­tig­ten die­ser Häfen zustän­dig, die Kol­le­gen an der West­küs­te wer­den von der Inter­na­tio­nal Long­shore and Warehouse Uni­on (ILWU) ver­tre­ten). Die­ser „Mas­ter Con­tract“ vom Okto­ber 2018 läuft nach sechs Jah­ren am 30. Sep­tem­ber die­ses Jah­res aus. Zum ande­ren aber geht es auch um den umstrit­te­nen Ein­satz so genann­ter „auto­no­mer“ Tech­ni­ken zum Ersatz mensch­li­cher Arbeitskraft.

Eigent­lich hät­te es, nach eini­gen Vor­ge­sprä­chen im Früh­jahr, Anfang Juni kon­kre­te Ver­hand­lun­gen über die Erneue­rung des Rah­men­ta­rifs geben sol­len. Doch die ILA sah sich gezwun­gen, die ent­spre­chen­den Ter­mi­ne auf­zu­kün­di­gen. Denn im Hafen von Mobi­le (Ala­ba­ma) hat­te es an den Kajen von APM Ter­mi­nals, der Hafen­ge­sell­schaft der Ree­de­rei Mærsk, einen loka­len Streik gege­ben. Die ILA wirft dem Unter­neh­men vor, dort ein auto­no­mes Abfer­ti­gungs­sys­tem ein­zu­set­zen, das Last­wa­gen ohne Inan­spruch­nah­me mensch­li­cher Arbeits­kräf­te abfer­tigt, die – natür­lich gewerk­schaft­lich orga­ni­siert – dafür eigent­lich zustän­dig wären. Zudem lie­gen der ILA nach eige­nen Anga­ben auf ihrer Web­sei­te Berich­te vor, dass die­ses Sys­tem auch in ande­ren Häfen ein­ge­setzt bezie­hungs­wei­se zum Ein­satz vor­be­rei­tet werde.

Hef­ti­ger Streit um Automatisierung

Es ist ein dop­pel­tes Pro­blem: Zum einen nimmt die ILA eine har­te und weit­ge­hend kom­pro­miss­lo­se Hal­tung gegen der­ar­ti­ge Automatisierungs-Bestrebungen von immer mehr Hafen­be­trei­bern ein; noch vor weni­gen Jah­ren hat­te die ILA-Führung dies aus meh­re­ren aktu­el­len Anläs­sen nach­drück­lich bekräf­tigt. Zum ande­ren aber ent­hält just der noch gel­ten­de Rah­men­ta­rif­ver­trag kla­re Ver­ein­ba­run­gen, wonach die USMX den Ver­zicht auf Auto­ma­ti­sie­rungs­be­stre­bun­gen zusi­chert – gegen ent­spre­chen­de Pro­duk­ti­vi­täts­ga­ran­tien sei­tens der ILA. Kon­se­quen­ter­wei­se erklär­te die Gewerk­schaft im Juni daher, dass sie sich mit der USMX nicht tref­fen wer­de, solan­ge das aktu­el­le Auto­ma­ti­sie­rungs­pro­blem nicht gelöst sei.

Anfang die­ses Monats hat die Gewerk­schaft die USMX frist­ge­recht wis­sen las­sen, dass eine Ver­län­ge­rung des Tarif­ver­tra­ges nicht in Betracht kom­me – eine der­ar­ti­ge Mit­tei­lung 60 Tage vor dem Aus­lau­fen ent­spricht natio­na­len Rechts­vor­schrif­ten. Eini­ger­ma­ßen ver­är­gert wie­der­hol­te die ILA zudem sowohl Ende Juli als auch in der ver­gan­ge­nen Woche ihre öffent­li­chen Erklä­run­gen, dass ab dem 1. Okto­ber mit Streiks an US-Ost- und Golf­küs­te zu rech­nen sei, falls bis dahin kei­ne Eini­gung erzielt sei. Für Anfang Sep­tem­ber hat die Uni­on die Tarif­kom­mis­sio­nen der betrof­fe­nen Häfen zu einer zwei­tä­gi­gen Klau­sur­ta­gung ein­be­ru­fen, um unter den gege­be­nen Umstän­den die For­de­run­gen noch­mals zu erör­tern und zu beschlie­ßen. Zugleich sol­len dort aber auch Vor­be­rei­tun­gen für einen mög­li­chen küs­ten­wei­ten Streik ab Okto­ber getrof­fen werden.

Das ist, wie ILA-Chef Harold J. Dag­gett betont, nicht unpro­ble­ma­tisch: Den bis­lang letz­ten Streik hat­te es im Jah­re 1977 gege­ben – „in die­sen mehr als vier­ein­halb Jahr­zehn­ten sind zwei Gene­ra­tio­nen von ILA-Mitgliedern neu in die Bran­che gekom­men“. Einer von ihnen ist übri­gens Dag­get­ts Sohn Den­nis, selbst Hafen­ar­bei­ter und ILA-Funktionär: Er hat ange­sichts mas­si­ver Stim­mungs­ma­che sei­tens der Kapi­tal­sei­te gegen ILA und „dro­hen­de Streiks“ die­sen äußerst lesens­wer­ten „offe­nen Brief“ ver­fasst, in dem er eben­so infor­ma­tiv wie emo­tio­nal die Lage der Hafen­be­schäf­tig­ten erläu­tert und um Unter­stüt­zung wirbt.

 

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WATERKANT-Redaktion