HHLA übt sich im Schönrechnen

Die HHLA, der momen­tan noch zu knapp 70 Pro­zent staats­ei­ge­ne Ham­bur­ger Ter­mi­nal­be­trei­ber, sieht sich nach eige­nen Anga­ben „in einem her­aus­for­dern­den Umfeld“ momen­tan „mit ihrer stra­te­gi­schen Aus­rich­tung gut auf­ge­stellt“. Die jüngst vor­ge­stell­te Halb­jah­res­bi­lanz besagt, man habe ein „posi­ti­ves“ Ergeb­nis erzielt. Das ist in gewis­ser Wei­se eine „sport­li­che“ Wertung. 

Für sich betrach­tet, wir­ken die vor­ge­leg­ten Zah­len zunächst zufrie­den­stel­lend: Der Kon­zern­um­satz, so heißt es, sei um rund 4,6 Pro­zent gestie­gen, das bedeu­tet fürs ers­te Halb­jahr 760,3 Mil­lio­nen Euro. Das ent­spre­chen­de Betriebs­er­geb­nis (EBIT) leg­te sogar um 16,8 Pro­zent zu, gleich 58,9 Mil­lio­nen Euro. Begrün­det wird das wie mitt­ler­wei­le üblich: Stö­run­gen der Lie­fer­ket­ten unter ande­rem durch geo­po­li­ti­sche Span­nun­gen, Ukraine-Krieg, Nahost-Krise und die aktu­el­le Konjunktur.

Aber wie so oft, hilft der Blick in die Details: Bekannt­lich bringt aktu­ell vor allem die Situa­ti­on in Gaza und am Roten Meer samt der Umwe­ge über Süd­afri­ka die Lie­fer­ket­ten durch­ein­an­der. Wes­halb die HHLA das genann­te Ergeb­nis neben dem „leich­ten Anstieg“ im Con­tai­ner­um­schlag vor allem den „gestie­ge­nen Lager­gel­derlö­sen“ an den Ter­mi­nals „auf­grund tem­po­rär erhöh­ter Ver­weil­dau­ern“ zuschreibt. Letz­te­res meint das Boxen-Chaos, zwangs­läu­fi­ge Fol­ge momen­ta­ner Fahrplan- und Rou­ten­än­de­run­gen, die zugleich erhöh­te Ver­keh­re mit ande­ren euro­päi­schen See­hä­fen bewirken.

Umschlags­rück­gang ausgeklammert

Nur mit dem Con­tai­ner­um­schlag ist das so eine Sache: Der sei, wird gelobt, im Ver­gleich zum schwa­chen Vor­jah­res­halb­jahr kon­zern­weit um 2,2 Pro­zent auf 2,94 Mil­lio­nen TEU gestie­gen. Die­se Dar­stel­lung indes ver­schweigt, dass die Umschlags­zah­len ver­gan­ge­ner Jah­re stark rück­läu­fig waren – von 7,6 Mil­lio­nen TEU im Gesamt­jahr 2019 auf 5,9 Mil­lio­nen TEU in 2023. Wobei der Löwen­an­teil jeweils auf die drei Ham­bur­ger Ter­mi­nals ent­fiel, die Aus­lands­stand­or­te in Est­land und Ita­li­en sowie – seit 2022 aus­ge­setzt – in der Ukrai­ne ver­bu­chen nur Antei­le von zusam­men 3-5 Pro­zent. Zudem ist fest­zu­stel­len, dass Kon­kur­rent Rot­ter­dam ver­gan­ge­nes Halb­jahr ein Plus von 2,2 Pro­zent (6,8 Mil­lio­nen TEU) erziel­te, Antwerpen-Brügge sogar 4,1 Pro­zent (6,6 Mil­lio­nen TEU). Die erwähn­ten Lager­gel­derlö­se besche­ren der HHLA übri­gens aus dem gerin­gen Umschlag­plus ein Umsatz­plus von 7,5 Prozent.

Die schwa­chen Zah­len der Ter­mi­nals in Tal­linn und Tri­est sowie der Umschlag­stopp in Odes­sa haben übri­gens dazu geführt, dass die HHLA schon seit 2022 nicht mehr in der Rang­lis­te welt­wei­ter Ter­mi­nal­be­trei­ber des Lon­do­ner Bera­ter­teams von Dre­wry geführt wird, son­dern in die Sta­tis­tik füh­ren­der loka­ler Betrei­ber „abge­rutscht“ ist. Erst am Mon­tag hat Dre­wry sei­ne Tabel­le glo­ba­ler Hafen­ak­teu­re aktua­li­siert: Unan­ge­foch­ten an der Spit­ze steht Sin­ga­purs PSA vor den chi­ne­si­schen Kon­kur­ren­ten Chi­na Mer­chant Ports und Cosco. Auf Platz 4 ran­giert der Betrei­ber APM Ter­mi­nals von Mærsk, gefolgt von Dubais DP World und Hut­chison Ports, einem an der Bör­se Hong­kong notier­ten, aber im Steu­er­pa­ra­dies der Cayman Islands regis­trier­ten Konzern.

Inter­es­sant an der Drewry-Liste ist jedoch Platz 7 – hier fin­det sich das Schwei­zer Fami­li­en­un­ter­neh­men MSC, das bekannt­lich kurz davor steht, knapp die Hälf­te der HHLA zu ver­ein­nah­men. Die Gen­fer Ree­de­rei samt ihrer Töch­ter Ter­mi­nal Invest­ment Limi­t­ed (TiL) und Afri­ca Glo­bal Logi­stics (AGL) hat mit 10,3 Pro­zent das stärks­te Wachs­tum aller Hafen­be­trei­ber ver­bucht. Auch in der Lini­en­schiff­fahrt legt MSC, wie bereits berich­tet, wei­ter kräf­tig zu und ver­fügt der­zeit mit mehr als sechs Mil­lio­nen TEU über knapp 20 Pro­zent der glo­ba­len Flot­ten­ka­pa­zi­tät. Sofern nun, wie zu befürch­ten ist, Ham­burgs SPD-Grünen-Koalition gegen alle Ein­wän­de und Wider­stän­de die Fusi­on der HHLA mit MSC durch­drückt, wür­de selbst der der­zeit eher mage­re Umschlag der Ham­bur­ger den Schwei­zer Kon­zern in der Drewry-Liste nach oben kata­pul­tie­ren. Min­des­tens Platz 5 wäre „drin“, even­tu­ell sogar Platz 4 vor APM und hin­ter Cosco: Kampf der Oligopole.

 

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WATERKANT-Redaktion