Machtkampf in der Container-Schifffahrt?

Lan­ge herrsch­te Unsi­cher­heit, nun ist es amt­lich: Das „Gemini“-Bündnis der däni­schen Mærsk-Reederei und der deut­schen Hapag-Lloyd kann wie geplant im Febru­ar kom­men­den Jah­res star­ten. Die glo­bal ein­fluss­rei­che Fede­ral Mari­ti­me Com­mis­si­on (FMC), Seetransport-Regulierungsbehörde der USA, hat am Diens­tag die­ser Woche die­ser Alli­anz ihre Zustim­mung erteilt. 

Es ist in der Schiff­fahrt üblich, dass Bünd­nis­se die­ser Art zwin­gend die Zustim­mung der Wett­be­werbs­be­hör­den wich­ti­ger Ziel­ha­fen­län­der benö­ti­gen. Aber eine Beru­hi­gung der Containerschifffahrts-Märkte ist damit noch nicht in Sicht – im Gegen­teil: Die dem „Gemini“-Plan vor­aus­ge­gan­ge­ne Auf­kün­di­gung der Alli­anz zwi­schen Mærsk und dem Schwei­zer MSC-Konzern hat beträcht­li­che Tur­bu­len­zen in Gang gesetzt.

Als Ende April die so genann­te Grup­pen­frei­stel­lungs­ver­ord­nung für Kon­sor­ti­en in der Lini­en­schiff­fahrt (GFO) ende­te, glaub­ten etli­che Akteu­re der mari­ti­men Wirt­schaft, dass die­se Ent­schei­dung der EU-Kommission geeig­net sei, um die Markt­macht ins­be­son­de­re der größ­ten unter den gro­ßen Con­tai­ner­ree­de­rei­en etwas zu brem­sen. Aktu­ell hat es den Anschein, dass der­lei Opti­mis­mus viel zu vor­ei­lig gewe­sen ist. Die Welt­con­tai­ner­flot­te wächst dras­tisch, von der­zeit knapp 30,7 Mil­lio­nen TEU auf – nach aktu­el­len Bestell­zah­len – knapp 37,4 Mil­lio­nen TEU in den aller­nächs­ten Jah­ren. Marktmacht-Kämpfe sind da unaus­weich­lich. Zur Zeit bil­den neun der zehn größ­ten Ree­de­rei­en drei Allianzen:

  • 2M“ von Welt­markt­füh­rer MSC und Mærsk endet im Janu­ar 2025, aktu­ell stellt sie mit einer Kapa­zi­tät von rund 10,45 Mil­lio­nen TEU gut 34 Pro­zent der Weltcontainerflotte.
  • Wei­te­re 28,8 Pro­zent mana­gen – auf Platz Zwei – mit zusam­men etwa 8,77 Mil­lio­nen TEU Frank­reichs CMA CGM, Chi­nas COSCO und Tai­wans Ever­green als „Oce­an Alliance“.
  • Num­mer Drei, „THE Alli­ance“ aus Hapag-Lloyd, Japans ONE, Süd­ko­re­as HMM und Tai­wans Yang Ming, steht mit 5,74 Mil­lio­nen TEU noch für 18,8 Pro­zent Weltmarktanteil.

alphaliner“-Tabelle (Aus­zug): Flot­ten­be­stand der zehn größ­ten Linien-Reedereien – nach Stand vom 11. Sep­tem­ber 2024 – und ihre aktu­el­len Bestell-Listen.

Aber je näher 2025 rückt, des­to bun­ter geht es durch­ein­an­der: Die „2M“-Kündigung war nur der Anfang. Kurz dar­auf begann Mærsk mit Hapag das Gemini-Bündnis zu pla­nen. Es gab ban­ge Zwei­fel, weil der FMC-Bescheid auf sich war­ten ließ. Seit Diens­tag ist klar, dass Gemi­ni star­ten darf, auch wenn die skep­ti­sche FMC wei­te­re Beob­ach­tung ange­kün­digt hat. Das neue Bünd­nis von Mærsk und Hapag stün­de dann mit 6,61 Mil­lio­nen TEU für 21,7 Pro­zent Markt­an­teil. Da die Drei von der Oce­an Alli­ance im Febru­ar ihren Ver­trag bis 2032 ver­län­gert haben, über­näh­men sie mit ihrem 28,8-Prozent-Anteil noch vor Gemi­ni vor­erst den Spit­zen­platz. Dem star­ken, aber umstrit­te­nen Gigan­ten MSC blie­be die Solo-Rolle, das hat­te gleich nach Bekannt­ga­be von Gemi­ni zu vie­len Spe­ku­la­tio­nen geführt. Mit 6,08 Mil­lio­nen TEU Kapa­zi­tät und 20 Pro­zent Markt­an­teil wären die Schwei­zer zwar nach wie vor die welt­größ­te Ree­de­rei – aber gegen­über den Alli­an­zen reich­te es nur noch für Platz Drei.

Das, so mut­ma­ßen man­che, könn­te der als eitel gel­ten­de MSC-Chef Gian­lui­gi Apon­te als Affront auf­fas­sen. Was also tun? Seit Wochen­an­fang gibt es hier Klarheit:

  • Der FMC-Bescheid besie­gelt Hapags Aus­stieg aus THE Alliance.
  • Nur einen Tag zuvor gaben Hapags allein gelas­se­ne Part­ner ONE, HMM und Yang Ming bekannt, künf­tig als „Pre­mier Alli­ance“ (PA) agie­ren zu wol­len – ihre 3,49-Millionen-TEU-Kapazität reicht aber nur für einen 11,4-Prozent-Marktanteil.
  • Eine Chan­ce für Apon­te: Nach Anga­ben des Info­diens­tes Han­sa hat ONE am Mon­tag nicht nur die PA-Gründung ange­kün­digt, son­dern auch eine „neue stra­te­gi­sche Part­ner­schaft“ – mit MSC! Der Schwei­zer Rie­se wol­le kein fes­tes Mit­glied wer­den, son­dern nur gemein­sam mit der PA auf der han­dels­star­ken Europa-Ostasien-Verbindung zunächst neun Lini­en­diens­te managen.
  • Am Diens­tag wie­der­um gab die israe­li­sche Ree­de­rei ZIM, Num­mer 9 der zehn Größ­ten, bekannt, mit MSC eine Zusam­men­ar­beit im Trans­pa­zi­fik­ver­kehr ver­ein­bart zu haben: Sechs Lini­en­diens­te zwi­schen Asi­en und den USA sol­len ein­ge­bun­den werden.

Im glo­ba­len Container-Poker bleibt nun abzu­war­ten, wer von den Größ­ten als Ers­ter wel­chen klei­nen Part­ner schluckt.

 

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WATERKANT-Redaktion