Energy Port“ oder geschütztes Watt?

Eigent­lich woll­te Bre­mer­ha­ven mit einem „Ener­gy Port“ im Süden der Stadt einer brei­ten Palet­te „grü­ner“ Ener­gie­tech­ni­ken Raum bie­ten: Offshore-Windkraft, Was­ser­stoff­wirt­schaft, Lithi­um­bat­te­rie­pro­duk­ti­on, Brenn­stoff­zel­len­fer­ti­gung, CO2-Umschlag für CCS-Vorhaben und ande­res mehr. Aber bis­lang kommt man, wie es nord­deutsch so schön heißt, damit „nicht zu Pot­te“: Gut für’s Weser­watt ist das allemal. 

Rück­blick: Fast 13 Jah­re lang hat­te sich das Land Bre­men an einem „Off­shore Ter­mi­nal Bre­mer­ha­ven“ (OTB) ver­plant, und dies gründ­lich. Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig bestä­tig­te schließ­lich, was neben vie­len Exper­ten auch die bre­mi­sche Jus­tiz bereits moniert hat­te: Eine Schwer­last­ka­je mit tie­fem Fahr­was­ser direkt neben einem EU-rechtlich geschütz­ten Brack­was­ser­watt geht gar nicht.

Mehr als 30 Mil­lio­nen Euro hat­te Bre­men für das OTB-Projekt schon vor Bau­be­ginn aus­ge­ge­ben. Den­noch bedeu­te­te das Leip­zi­ger Urteil nicht das Ende; Fehl­pla­nun­gen kos­ten ja schließ­lich „nur“ Steu­er­gel­der. Also begann die dama­li­ge Häfen­se­na­to­rin Clau­dia Schil­ling (SPD) mun­ter mit der Pro­jek­tie­rung des „Ener­gy Port“, was sogleich öffent­li­chen Spott – „OTB 2.0“ und Ähn­li­ches – aus­lös­te. Nun hat Kris­ti­na Vogt (Lin­ke), die als neue Häfen­se­na­to­rin Schil­lings Poli­tik wei­ter ver­folgt, eine „Bedarfs- und Nut­zer­ana­ly­se“ für die­ses Vor­ha­ben erstel­len lassen.

Das vori­ge Woche ver­öf­fent­lich­te Gut­ach­ten der Ham­bur­ger Han­sea­tic Trans­port Con­sul­tancy (HTC) kommt, kurz zusam­men­ge­fasst, zu dem Ergeb­nis, dass Bre­mer­ha­ven sich vor allem „zeit­nah als Stand­ort für die Offshore-Windindustrie zu posi­tio­nie­ren“ habe. Hier sei ange­sichts der poli­ti­schen Aus­bau­plä­ne der Hand­lungs­be­darf am drin­gends­ten, stellt Logis­tik­pro­fes­sor Jan Nin­ne­mann als HTC-Chef fest. Der „grü­nen“ Was­ser­stoff­wirt­schaft räumt er zwar gute Chan­cen ein, sieht aber auch gerin­ge­ren Zeit­druck, weil die „all­ge­mei­ne Ent­wick­lung im Was­ser­stoff­be­reich … aus heu­ti­ger Sicht noch unge­wiss“ sei. Die noch vor Jah­res­frist gelis­te­ten wei­te­ren Zukunfts­op­tio­nen für den „Ener­gy Port“ – sie­he oben – tau­chen übri­gens gar nicht auf.

…hört die Signale!

Gut­ach­ter wie Nin­ne­mann haben in der Regel nicht auch Feh­ler der Ver­gan­gen­heit zu bewer­ten, also ver­liert er kein Wort über das OTB-Desaster: Bre­mer­ha­ven war einer der füh­ren­den Stand­or­te der Offshore-Windkrafttechnik, als die OTB-Planung begann. Deren Stüm­per­haf­tig­keit war Haupt­ur­sa­che für den teu­ren Still­stand und das Leip­zi­ger Urteil. Aber inzwi­schen sit­zen die Markt­füh­rer der Bran­che längst woan­ders. Nin­ne­mann weckt den­noch Hoff­nun­gen. Wenn es gelän­ge, „mög­lichst zeit­nah … Signa­le in den Markt zu sen­den, dass Bre­mer­ha­ven in Zukunft eine wich­ti­ge Rol­le im Ener­gie­be­reich spie­len will“, pro­gnos­ti­ziert er mutig „Beschäf­ti­gungs­ef­fek­te“ in der Grö­ßen­ord­nung meh­re­rer tau­send neu­er Jobs.

Das macht das Vor­ha­ben „Ener­gy Port“ zwar vor Ort, in einer Stadt mit hoher Arbeits­lo­sig­keit, attrak­tiv – aber ein­fach wird das nicht. Denn Nin­ne­mann hält, völ­lig unge­rührt von einem bun­des­ge­richt­li­chen Urteil, auch eine mas­si­ve weser­sei­ti­ge Erschlie­ßung für nötig: Wäh­rend der alte OTB-Plan „nur“ eine 500-Meter-Kaje vor­sah, fügt er wei­te­re 350 Meter für Was­ser­stoff­pro­jek­te hin­zu. „Mög­li­che Kon­flik­te“ wegen des benach­bar­ten EU-Naturschutzgebiets sind ihm nur eine knap­pe Rand­no­tiz wert. Die loka­le Nordsee-Zeitung wies bereits dar­auf hin, dass die sei­ner­zeit für den OTB gesi­cher­ten Aus­gleichs­flä­chen längst anders ver­plant sei­en. Nicht nur das: Auch die einst zurück­ge­leg­ten Gel­der für die OTB-Realisierung sind inzwi­schen für ande­re Zwe­cke aus­ge­ge­ben, die Finan­zie­rung eines „Ener­gy Port“ – geschätzt mehr als eine hal­be Mil­li­ar­de Euro – somit der­zeit völ­lig unklar.

Weil aber ein „Ener­gy Port“ zumin­dest in Anfän­gen „nicht vor Mit­te der 2030er Jah­re rea­li­sier­bar“ sei, brau­che es wegen des erwähn­ten Zeit­drucks Zwi­schen­lö­sun­gen. Die sieht Nin­ne­mann gege­ben auf dem Süd­zip­fel des Bre­mer­ha­ve­ner Container-Terminals. Die­ser „CT 1“, der­zeit wenig genutzt, käme kaum als Pro­duk­ti­ons­stand­ort, sehr wohl aber für Umschlag von Offshore-Equipment in Betracht. Zwar hat­te Vogt die­se Lösung noch Ende 2023 abge­lehnt, jetzt aller­dings unter­stützt sie das Vor­ha­ben, unter ande­rem wohl auch, weil die Hafen­be­trei­ber BLG und Euro­ga­te sich inzwi­schen inter­es­siert zei­gen. Wie aller­dings die immer grö­ße­ren Wind­kraft­tei­le quer durch die Stadt zu und von die­sem Ter­mi­nal trans­por­tiert wer­den sol­len – das wird dann die nächs­te Herausforderung.

 

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WATERKANT-Redaktion