Trumpenomics“ könnten Seehandel verteuern

Von einer „holp­ri­gen Fahrt“ und einem mög­li­chen „Auf­prall“ war jüngst die Rede, als die alt­ehr­wür­di­ge bri­ti­sche Schiff­fahrts­zei­tung Lloyd‘s List einen Aus­blick wag­te, wel­che Fol­gen die mari­ti­me Wirt­schaft von der heu­te begin­nen­den zwei­ten US-Präsidentschaft des Donald Trump zu erwar­ten habe. 

Lloyd’s-Kommentator Richard Mea­de befürch­tet von der „zwei­ten Run­de der Trumpeno­mics“ – so sei­ne sar­kas­ti­sche Bezeich­nung für das, was Trump unter Öko­no­mie ver­steht – „unvor­her­seh­ba­re Stö­run­gen“ für den glo­ba­len See­han­del. Zwar sei davon aus­zu­ge­hen, dass Trump nicht alles hal­ten wer­de, was er zuvor ver­spro­chen habe – aber sicher wer­de er (auch) schiff­fahrts­po­li­tisch „eine bestim­men­de Kraft“ sein.

Anfangs streut Mea­de noch ein klei­nes biss­chen Zuver­sicht unter sei­ne mari­ti­me Leser­schaft: Bezug neh­mend auf den von Trump ange­kün­dig­ten Aus­stieg der USA aus dem Pari­ser Kli­ma­schutz­ab­kom­men trös­tet der Lloyd‘s-Reporter, die­se „kli­ma­po­li­ti­sche Kehrt­wen­de“ wer­de nicht aus­rei­chen, „um die ent­schei­den­den CO2-Beschlüs­se der Schiff­fahrt zum Schei­tern zu brin­gen“. Die Begrün­dung ist eben­so ein­fach wie nach­voll­zieh­bar: „Trump hat in den Hal­len der IMO nur begrenz­ten Einfluss“.

Das ist beleg­bar: Laut der aktu­el­len Aus­ga­be des jähr­li­chen Review of mari­ti­me trans­port der UN-Konferenz für Han­del und Ent­wick­lung (UNCTAD) ran­gie­ren die USA mit nur 2,2 Pro­zent der Welt­han­dels­ton­na­ge auf Platz 13 der Lis­te von Schiffs­eig­nern – und als Flag­gen­staat sind es gar nur 0,6 Pro­zent (Platz 22). In der Inter­na­tio­nal Mari­ti­me Orga­niza­ti­on (IMO), der Schiff­fahrts­or­ga­ni­sa­ti­on der UNO, bestimmt sich das Stimm­ge­wicht jedes Mit­glieds­staa­tes aber nach reprä­sen­tier­ter Tonnage.

Vier Jah­re – oder mehr?

Ob das allein jedoch Mea­des Ein­schät­zung recht­fer­tigt, bleibt abzu­war­ten. Zum einen gibt es da noch die Repu­blik Mar­shall Islands, seit Welt­kriegs­en­de direkt abhän­gig von den USA und als inter­na­tio­nal akzep­tier­ter Billigflaggen-Staat mit 13,1 Pro­zent der Welt­han­dels­ton­na­ge auf Platz 3 der UNCTAD-Liste. Zum ande­ren klam­mert Mea­de mit sei­ner Ein­schät­zung, die Dyna­mik des glo­ba­len Kli­ma­schut­zes sei „wider­stands­fä­hig genug, um vier wei­te­re Jah­re Trump zu über­ste­hen“, eini­ge aku­te Gefah­ren aus: Was könn­ten Erpressungs- oder Gewalt­dro­hun­gen, wie Trump sie schon mehr­fach von sich gege­ben hat, bewir­ken, wenn er etwa ande­re IMO-Staaten ent­spre­chend unter Druck setzt? Was, wenn er im Inland wie auch immer Vor­aus­set­zun­gen schafft, län­ger als bis Janu­ar 2029 im Wei­ßen Haus zu bleiben?

Kurz­fris­tig fürch­tet der Lloyd‘s-Kommentator indes die „unmit­tel­ba­re­ren Aus­wir­kun­gen“ einer künf­ti­gen US-Außenpolitik gegen­über der zuneh­men­den Serie von Kon­flik­ten „von Russ­land bis zum Nahen Osten“ auf das glo­ba­le Han­dels­um­feld: So wer­de etwa „der ver­stärk­te Ein­satz von Zöl­len“ Han­dels­rou­ten kurz­fris­tig stö­ren und kön­ne mit­tel­fris­tig auch die Nach­fra­ge beein­träch­ti­gen. Aber ins­be­son­de­re die wei­te­re Ent­wick­lung der Bezie­hun­gen zwi­schen den USA und Chi­na machen Mea­de Sor­gen: Früh­zei­tig schon – noch vor sei­ner Wahl – habe Trump einen Zoll von 60 Pro­zent auf alle Impor­te aus Chi­na und einen Zoll von min­des­tens zehn Pro­zent auf Impor­te aus ande­ren Län­dern angedroht.

Zöl­le und Frachtraten

Mea­des Kol­le­ge Greg Mil­ler hat­te bereits im ver­gan­ge­nen Som­mer dies­be­züg­li­che For­schungs­be­rich­te zitiert, wonach sol­ches Vor­ge­hen zum höchs­ten Gesamt­zoll­satz seit den 1930er Jah­ren füh­ren wer­de – und selbst bei einem „Abspe­cken“ sol­cher Wahl­kampf­vor­schlä­ge bedeu­te das immer noch ein Gesamt­zoll­ni­veau wie in den 1940er Jah­ren. Zwar hat Trump selbst sol­che Zwei­fel an sei­ner Ernst­haf­tig­keit immer vehe­ment demen­tiert, zugleich aber stän­dig für neue Ver­wir­rung gesorgt. So berich­te­te etwa der däni­sche Dienst Ship­ping Tele­graph vor andert­halb Wochen über aktu­el­le Dro­hun­gen Trumps, noch am Tage sei­ner Amts­ein­füh­rung den Nach­barn Mexi­ko und Kana­da Zöl­le von 25 Pro­zent auf alle Impor­te in die USA auf­er­le­gen zu wollen.

Was immer dabei her­aus­kommt, Lloyd‘s Mea­de liegt sicher nicht falsch, wenn er „erheb­li­che“ Fol­gen für die Fracht­ra­ten erwar­tet. Anders for­mu­liert: See­trans­por­te und die von ihnen abhän­gi­gen glo­ba­len Lie­fer­ket­ten könn­ten neu geord­net, auf­wän­di­ger und so auch deut­lich teu­rer wer­den – zu Las­ten der Verbraucher.

 

www.jungewelt.de

Über waterkant

WATERKANT-Redaktion