Ein „Ende der Ignoranz“ gegenüber den Folgen weiterer Industrialisierung der Nordsee hat heute die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) angemahnt und ein Umdenken bezüglich der Wirkung menschlichen Handelns verlangt. Ein Anlass ist auch die heutige Bundestags-Debatte zur Verpressung von CO2 unter dem Nordseegrund, laut SDN eine „irrtümliche Lösung zum Klimaschutz“.
Sowohl als Botschaft zum Jahresbeginn als auch unter Bezug zur ersten parlamentarischen Lesung des Entwurfs zur Änderung des so genannten Kohlendioxidspeicherungs- und transportgesetzes (KSpTG) appellierte der SDN-Vorsitzende, Varels Bürgermeister Gerd-Christian Wagner, an die „politische und wirtschaftliche Vernunft“. In parallelen Presseerklärungen erinnerte er sinngemäß an die Eckpunkte des Vorsorgeprinzips: Es sei dringend geboten, „jetzt sofort und nicht erst morgen oder übermorgen nach einer Katastrophe zu handeln“; mögliche Auswirkungen anthropogenen Handelns auf die Meeresumwelt müssten immer im Voraus mit bedacht und ernsthaft einbezogen werden.
„Stattdessen wird die Nordsee, neben der umfangreichen Schifffahrt, auch noch mit Gas- wie Ölförderung, Kies- und Sandabbau, Gammel-Fischerei, Baggergut-Verklappung, CO2-Speicherung sowie Kabel- nebst Röhrenverlegungen und Startmöglichkeiten für Weltraumraketen nebst riesigen Windparks weiter zugestellt.“ Von der nächsten Bundesregierung fordert Wagner explizit, für die Zukunft „klügere Lösungswege als bisher“ zu suchen. Der 1973 gegründeten SDN gehören heute rund 200 Kommunen, Landkreise, Naturschutzvereine, Institute, Verbände und Einzelmitglieder an.
Der Ausbauwahn gefährde zu allem Überfluss zunehmend auch „die Sicherheit der Schifffahrt und damit die Meeresumwelt“ samt ihrer Bewohner, weist Wagners Vize, der Kapitän und Seelotse Ulrich Birstein, auf die aktuelle Havarie des auf dem Weg nach Ägypten befindlichen Öltankers „Eventin“ hin: Was da vor Rügen geschehen sei, hätte nur gut einen Tag später auch mitten in der Nordsee passieren können – „und das bei dem aufkommend schlechten Wetter und ohne felsigem Schutz vor den starken Winden“. Birstein erinnert dabei insbesondere an den wachsenden Flächenverbrauch für Offshore-Windparks, die den Verkehrsraum für Schiffe einengten, aber auch die Mega-Containerfrachter, die mit ihren riesigen Seitenflächen jedem Winddruck standzuhalten hätten. Von daher gelte es, „ganzheitliche Betrachtungen der möglichen Belastungen zu tätigen und Lösungen zu suchen, mit denen dieses immer weiter wachsende Gefährdungspotential zumindest reduziert werden könne“.
Bezüglich der erwähnten aktuellen Bundestags-Debatte fordert die SDN zum wiederholten Male den Verzicht auf CCS – „Carbon Capture and Storage“ – in deutschen Gewässern. Die Nordsee als Lebensraum sei zu wertvoll, so Birstein. Sie dürfe nicht zur Mülldeponie für CO2 und andere schädliche Abfälle der Industrie werden. „Die Schutzgemeinschaft fordert eine Klimapolitik, die auf nachhaltige Emissionsminderungen setzt,“ der Fokus müsse auf wirksame, zukunftsfähige und ökologisch tragfähige Lösungen gerichtet sein.
Die erwähnten Pressemitteilungen sind auf dieser Webseite
der SDN unter dem heutigen Datum einseh- und abrufbar.