Das maritime Online-Magazin Splash247 aus Singapur fand deutliche Worte: „Die Schifffahrt taumelt“, von „erschütternd“ ist die Rede – gemeint sind gleich mehrere Ankündigungen der neuen Trump-Administration in den USA. Das schließt, wenig überraschend, Maßnahmen gegen China ebenso ein wie solche gegen die internationale Schifffahrt und selbst gegen eigene maritime Unternehmen.
Laut präsidialer Verfügung vom 20. Januar soll der US-Handelsbeauftragte ermitteln, wie mit Hilfe bilateraler oder branchenspezifischer Abkommen „amerikanischen Arbeitern, Landwirten, Viehzüchtern, Dienstleistern und anderen Unternehmen Zugang zum Exportmarkt zu verschaffen“ ist. Zu Trumps neuem United States Trade Representative (USTR) hat der Senat gerade den 44-jährigen Juristen Jamieson Greer gekürt, der schon in dessen erster Amtszeit als Stabschef des damaligen USTR maßgeblich die Zollpolitik im Handelskrieg mit China mit gestaltete.
Zuvor hatte Greer bereits ein erstes maritimes Maßnahmenpaket vorgelegt, basierend auf einer noch aus der Biden-Ära stammenden Petition von fünf Branchen-Gewerkschaften. „Alle interessierten Parteien“ sind aufgefordert, bis zum 24. März Stellung zu nehmen – erwartet wird aber keine Kritik, sondern Hinweise auf „unfaire Handelspraktiken“, die es im Sinne der „America-First“-Politik abzustellen gilt. Nach öffentlicher Anhörung wird für Anfang April eine präsidiale Entscheidung erwartet.
US-Reedereien? – Fehlanzeige.
Laut einem Bericht der Deutschen Verkehrs-Zeitung (DVZ) richteten sich Greers Pläne zwar in erster Linie gegen „Chinas dominierende Rolle in Schiffbau und Logistik“, tatsächlich sind aber alle großen Linienreedereien von den geplanten Maßnahmen mit betroffen. Aus einem einfachen Grund: Die DVZ schreibt, 2023 seien mehr als 50 Prozent aller Containerschiffe in China gebaut worden. Der USTR wirft China „künstlich gedrückte Arbeitskosten, erzwungenen Technologietransfer und Diebstahl geistigen Eigentums“ vor. Das negiert aber, dass etwa Europas Reeder, bekanntlich führend in der Linienschifffahrt, ihre Schiffe seit langem gerne in Fernost bauen lassen (und so massiv auch das hiesige Werftensterben zumindest im Großschiffbau begünstigt haben). In den USA stellt sich diese Frage noch schärfer: Es gibt (außer im Kreuzfahrt-Sektor, siehe unten) keine nennenswerten US-Reedereikonzerne, die letzten großen sind längst von EU-Konkurrenten (Mærsk, CMA CGM, Grimaldi) geschluckt worden.
Greers Plan sieht nun vor, dass Reeder, die mit einem in China gebauten Schiff einen US-Hafen anlaufen wollen, hohe Strafgebühren zu zahlen hätten – die Rede ist von bis zu 1,5 Millionen US-Dollar pro Hafenanlauf. Splash247 zitiert dazu die New Yorker Investmentbank Jefferies: „Die Mehrheit aller Seeschiffe hätte angesichts ihrer Nettotonnagen die maximale Hafengebühr zu zahlen.“ China hat gegen diese Pläne Widerspruch eingelegt, die USA würden damit „ernsthaft gegen die WTO-Regeln“ verstoßen und „das multilaterale Handelssystem weiter“ untergraben.
US-Seeschiffbau? – Fehlanzeige.
Laut DVZ will Greer indes Reedern, die US-Häfen mit Schiffen aus US-Werften anlaufen, Hafengebühren erstatten; ferner sollen Exporte bevorzugt auf Schiffen unter US-Flagge erfolgen. Diese beiden Vorschläge allerdings klingen wie ein tiefer Griff in die Comic-Kiste: Einerseits gibt es als Folge der oben geschilderten Entwicklung längst keinen global relevanten US-Seeschiffbau mehr; verbliebene Werften überleben meist nur durch Militär- und Behörden-Aufträge sowie Flussschiffbau. Andererseits ist der aktuelle Bestand der US-Handelsflotte eher marginal: Laut jüngster UNCTAD-Statistik rangieren die USA auf Platz 22 der entsprechenden Weltrangliste – mit 3,2 Prozent von global knapp 109.000 Handelsschiffen und 0,6 Prozent der Welthandelstonnage. Insofern würde es wohl Jahre dauern, bis überhaupt genügend Schiffe „made in USA“ für den Außenhandel verfügbar wären.
Da hilft es übrigens auch nicht, dass Trumps Handelsminister Howard Lutnick den großen US-Kreuzfahrtkonzernen angedroht hat, ihre vielen ausgeflaggten Schiffe zur so genannten Massenpassagierhaltung hätten künftig wieder unter US-Flagge zu fahren, wie jüngst die Süddeutsche Zeitung berichtete – Container transportieren können die nun mal nicht.