Tiefseebergbau – ja oder nein? Der internationale Streit um die geplante Ausbeutung von Meeresressourcen sorgt mal wieder für aufsehenerregende Schlagzeilen. Das hat, wenig überraschend, auch mit dem global riskanten Agieren der US-Administration unter Präsident Donald Trump zu tun.
Gerade im Kontext der sich weltweit zuspitzenden Rohstoff-Konflikte geraten Manganknollen und andere Meeresbodenschätze verstärkt in den Fokus. Eigentlich sind die laut UN-Seerechtsübereinkommen (UNCLOS) das „gemeinsame Erbe der Menschheit“ – nur hat diese an sich beachtliche Festlegung des Abkommens bislang weder die Gier Einzelner bremsen noch wirksame internationale Regeln etablieren können.
Ende März hat sich der Rat der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) im jamaikanischen Kingston einmütig gegen schnelle Genehmigungen von Tiefseebergbauvorhaben ausgesprochen. Formal ist die ISA zwar allein zuständig für Meeresboden-Aktivitäten, nur gibt es halt – wie beispielsweise die USA – einzelne Staaten, die UNCLOS und damit die ISA bislang nie anerkannt haben. Noch während der ISA-Rat jüngst über diesen Beschluss verhandelte, kamen nun aus dem Norden des Kontinents neue Querschüsse, die das Bemühen um einvernehmliche Regeln zum Schutz der klima- und meeresökologisch bedeutenden Tiefsee torpedieren.
Provokantes Vorgehen
Das kanadische Rohstoffunternehmen The Metals Company (TMC) hat nämlich über eine in den USA registrierte Tochter bei der US-Ozeanbehörde NOAA eine Genehmigung für Manganknollen-Abbauvorhaben im Pazifik beantragt: Zwischen Mexiko und Hawaii sollen sie in 4-6000 Metern Tiefe mit rabiaten Techniken unter mutmaßlich schwerer Schädigung von Bodenfauna und -flora gesammelt werden. Die Firma stützt ihren Antrag auf ein altes US-Gesetz: 1980 hatte der US-Kongress den Deep Seabed Hard Mineral Resorces Act (DSHMRA) verabschiedet – als bewusste Provokation der damals noch laufenden UNCLOS-Vorverhandlungen, weil man dieses Regelwerk ja nicht anerkennen wollte.
Den DSHMRA jetzt aus der Mottenkiste zu holen, ist wiederum nichts weiter als eine erneute Provokation, so jedenfalls sieht es ISA-Generalsekretärin Leticia Carvalho. Die Brasilianerin war im Sommer 2024 gewählt worden, um den wegen seiner Industrienähe umstrittenen britischen Amtsvorgänger Michael Lodge loswerden zu können. Wie Carvalho nennen auch etliche weitere Seerechtsexperten das Vorgehen von TMC einen geplanten Verstoß gegen das so genannte Völkergewohnheitsrecht, wonach von breiter Mehrheit getragene Verträge in der Regel für alle gelten – auch wenn sie selbst nicht ratifiziert haben. Im ISA-Rat herrscht trotz unterschiedlicher Auffassungen über Inhalte eines Regelungsrahmens Einigkeit, dass ein solcher jedem Beginn von Meeresbodenausbeutung vorgeschaltet sein müsse. Einseitige Maßnahmen außerhalb des ISA-Prozesses werden als völkerrechtswidrig abgelehnt.
ISA unter Druck
Aktuell sieht sich die ISA aber vor dem Problem, dass ihre breit gestützte Interpretation – „in der Regel für alle“ – gerade in den USA unter Präsident Trump nicht akzeptiert wird, was den Rat und alle UNCLOS-Gremien massiv unter Druck setzt. Zum einen zeitigt Trumps verqueres Verhältnis zu etablierten Wissenschaften und deren Erkenntnissen ja gerade spektakuläre Folgen (Beispiel Harvard). Zum anderen stützt sich TMC nach Angaben des Investoren-Portals Seeking Alpha unter anderem ausdrücklich auf eine alte Studie der Heritage Foundation: Das ist jener nationalistisch-konservative „Think Tank“, der maßgeblich an Trumps radikalem Staatsumbau beteiligt ist (und der übrigens laut Rechercheportal correctiv auch schon Kontakt zur hiesigen CDU gesucht und gefunden hat).
Studienautor Steven Groves hat in seiner Untersuchung bereits 2012 die These vertreten, es gebe keine rechtlichen Barrieren, „die den USA den Zugang, die Exploration oder die Ausbeutung der Ressourcen des Tiefseebodens verbieten“. Groves begründete dies mit dem mittelalterlichen Prinzip „Freiheit der Meere“, das eigentlich mit UNCLOS global einvernehmlich beendet werden sollte. Sich auf diese These zu stützen, bedeutet also ebenfalls nicht weniger als eine weitere – in diesem Falle maritime – Kampfansage an die Weltgemeinschaft.