„Der Tunnelplan stand noch nie auf so wackeligen Füssen wie jetzt! Noch können wir den Belttunnel stoppen“, schreibt das Bündnis „Wir Beltretter“, in dem sich an der Ostseeküste knapp 90 Personen, Parteiverbände, Vereine, Initiativen, Gemeinden und Kaufleute zusammengeschlossen haben, um den Bau der geplanten Tunnelquerung unter dem Fehmarnbelt doch noch zu verhindern.
Wie wiederholt berichtet, geht es um ein Verkehrsprojekt, das vor knapp 35 Jahren von einem Industriellenclub, dem „Roundtable der europäischen Industrie“, ersonnen und konzipiert wurde. Eingebunden in ein kontinentales Trassennetz mit Ärmelkanaltunnel, diversen Hochgeschwindigkeitszügen und weiteren Meeresquerungen per Brücke oder Tunnel, wollten die Industriellen sich so auf Steuerzahlerkosten „eine höhere Produktivität“ ihres investierten Kapitals garantieren lassen – von den Interessen der Küstenbevölkerung war in dem Konzept „Missing Links“ ebensowenig die Rede wie von Meeres- oder Küstenumweltschutz (siehe u. a. WATERKANT 4 / 87).
Etliche Vorhaben dieses Konzepts sind mittlerweile längst realisiert, wenige (wie der Fehmarnbelt-Tunnel) fehlen noch. Entscheidend ist aber auch, dass es den Industrie-Lobbyisten inzwischen gelungen ist, ihr Konzept zur offiziellen europäischen Politik erklären zu lassen: Die „Transeuropäischen Netze“ (TEN) als Bestandteil der Lissabon-Verträge der EU enthalten wesentliche Teile (wenn nicht alle) der alten „Missing-Links“-Pläne und ergänzen sie durch etliche weitere Trassen, die gerade im Zuge des dank Binnenmarkt und Globalisierung explodierenden Gütertransportaufkommens vorwiegend Kapitalinteressen dienen.
Die Fehmarnbelt-Querung soll ein 18 Kilometer langer Tunnel durch den Ostseegrund werden. Das Vorhaben samt seiner flächenfressenden Hinterlandanbindung gefährdet nicht nur das ohnehin arg strapazierte, wertvolle Ökosystem Ostsee, es bedroht zudem auf Fehmarn und an der Küste Ostholsteins eine stark vom Tourismus abhängige Region. „Der Schaden ist sicher, der Nutzen bleibt zweifelhaft“, schreiben die „Beltretter“ und haben im Sommer dieses Jahres eine neue Informationsbroschüre erstellt, die im Internet kostenlos heruntergeladen werden kann (PDF, 3,5 MB, siehe unten). „Das Riesenprojekt ist bereits vor Baubeginn aus dem Ruder gelaufen“, heißt es darin unter anderem, Kostenschätzungen und Zeitplan hätten immer wieder korrigiert werden müssen: „Die geschätzten Gesamtkosten sind mittlerweile auf mehr als 11,5 Milliarden Euro gestiegen und haben sich nahezu verdoppelt durch intransparente und unausgegorene Planungen. Das zugrunde gelegte Verkehrsaufkommen dürfte nie erreicht werden, der Finanzierungsplan ist wackelig. Wir finden, das ist der zwingende Zeitpunkt auszusteigen.“
Link zur Broschüre: https://kurzlink.de/femern-belt_2018
Link zur Webseite der „Beltretter“: http://beltretter.de/