Zu wenig Nachwuchs für Seefahrt

Ohne See­leu­te kein mari­ti­mes Know­how: eine ein­fach anmu­ten­de Erkennt­nis. Seit Jah­ren wird kri­ti­siert, die Aus­flag­gungs­po­li­tik deut­scher Ree­der tra­ge mas­siv dazu bei, hier­zu­lan­de immer weni­ger See­leu­te aus­zu­bil­den – was bekannt­lich auch der mari­ti­men Bran­che an Land Pro­ble­me beschert. Der ehe­ma­li­ge Prä­si­dent des Bun­des­ver­bands der See- und Hafen­lot­sen (BSHL), Kapi­tän Kurt Steu­er, hat nun die Sache auf den Punkt gebracht und for­dert sofor­ti­ges Handeln. 
In einem enga­gier­ten Bei­trag für das mari­ti­me Maga­zin HANSA hat Kapi­tän Steu­er, Vor­stands­mit­glied des Nau­ti­schen Ver­eins zu Ham­burg (NVzH), kate­go­risch fest­ge­stellt, mari­ti­mes Know­how wer­de eben nicht nur in der eigent­li­chen See­fahrt benö­tigt, „son­dern auch für die Berei­che Logis­tik, Umschlag, Ver­si­che­run­gen, Finan­zen, Reederei-Management, Schiff­bau und Zulie­fe­rer, Umwelt, Aus­bil­dung, For­schung, Fische­rei, Rege­lung und Manage­ment des Ver­kehrs auf den Wasserstraßen“.

Ein­fa­che See­leu­te schlie­ßen ihre Aus­bil­dung mit einem Fach­ar­bei­ter­zeug­nis und einer so genann­ten „Wach­be­fä­hi­gung“ ab. Wer sich wei­ter­qua­li­fi­zie­ren will – was für die meis­ten gilt –,  absol­viert ein Stu­di­um und erhält nach erfolg­rei­chem Abschluss ein Befä­hi­gungs­zeug­nis als nau­ti­scher bezie­hungs­wei­se tech­ni­scher Schiffs­of­fi­zier; das muss dann in akti­ver Zeit an Bord „aus­ge­fah­ren“ wer­den, um am Ende den Titel „Kapi­tän“ oder „Lei­ter der Maschi­nen­an­la­ge“ füh­ren zu kön­nen. Laut Steu­er sind in den 1960er Jah­ren allein in der dama­li­gen BRD jähr­lich bis zu 900 Wach­be­fä­hi­gun­gen und 700 Kapi­täns­pa­ten­te für inter­na­tio­na­le Fahrt aus­ge­ge­ben wor­den; so sei nicht nur der See­fahrt, son­dern eben auch der mari­ti­men Wirt­schaft an Land der Nach­wuchs gesi­chert worden.

Sol­che Zah­len wer­den bei wei­tem nicht mehr erreicht. Steu­er nennt ein Bei­spiel aus sei­nem eige­nen Erfah­rungs­be­reich: Um allein im Lots­we­sen „die jähr­li­chen Abgän­ge durch Kapi­tä­ne mit ange­mes­se­nen Fahrt­zei­ten zu decken“, sei­en mehr als 200 neue Paten­te pro Jahr erfor­der­lich, längst wür­den hier und in ande­ren Berei­chen eigen­stän­di­ge Aus­bil­dungs­gän­ge ein­ge­rich­tet. Dabei dro­he aber „nicht nur der umfas­sen­de Ansatz der mari­ti­men Aus­bil­dung“ ver­lo­ren zu gehen, „son­dern auch das Selbst­ver­ständ­nis eines Wirt­schafts­zwei­ges“ – und das sei „nicht ein­fach“ wie­der herstellbar.

Steu­er ver­weist abschlie­ßend auf die reich­hal­ti­gen, den Ree­dern gewähr­ten För­de­run­gen (Ton­na­ge­steu­er, Lohn­steu­er­ein­be­halt, Rück­erstat­tung von Bei­trags­an­tei­len zur Sozi­al­ver­si­che­rung) und ver­langt unter dem Mot­to „För­dern und for­dern!“, der Staat müs­se nach­drück­li­cher dar­auf drän­gen, dass die geför­der­te Bran­che ihre Ausbildungs- und Beschäf­ti­gungs­be­mü­hun­gen verstärkt.

Quel­le: HANSA online vom 1. August 2019

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WATERKANT-Redaktion