Es hört nicht auf. Immer wieder werden Projekte vorgestellt, die mit technischen Methoden der Atmosphäre einen Teil jenes CO2-Überschusses entziehen sollen, der maßgeblich zum Klimawandel beiträgt – und immer wieder werden dabei die Meere als Zwischen- oder Endlager ins Gespräch gebracht.
Es ist unstrittig, dass die Ozeane beträchtliche Mengen Kohlendioxids und damit auch anthropogener CO2-Emissionen aus der Atmosphäre aufnehmen: Durch Aufbau von Biomasse – beispielsweise Algen oder Phytoplankton – werden dem atmosphärischen Kreislauf große Mengen CO2 entzogen; dabei löst sich Kohlendioxid im Oberflächenwasser und wird durch Meeresströmungen und Durchmischung in große Tiefen transportiert, wo es über Jahrzehnte verbleibt und sich anreichert.
Aber in der Natur hat alles seinen Preis: Die ozeanische Kohlenstoffsenke mag zwar durch Entzug von CO2 den Klimawandel bremsen – aber das im Meer gelöste Kohlendioxid macht bekanntlich auch das Wasser saurer, mit verheerenden Folgen für Fauna und Flora, vom Korallensterben bis zur Massenvermehrung toxischer Algen. Aktuelle Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Versauerung teilweise schon heute mehrere Kilometer in die Tiefe der Ozeane reicht.
Das hindert die maritime Wirtschaft indes nicht, auf der Suche nach kohlenstofffreien Lösungen zur Erreichung des IMO-2050-Ziels für CO2-Reduktion (50 Prozent gegenüber dem 2008-Niveau) die Meerestiefen als Kohlendioxid-Endlager ins Visier zu nehmen: Das Kopenhagener „Maritime Development Center“ (MDC) hat laut einem Bericht des Branchendienstes HANSA gemeinsam mit einigen Reedereien, Schiffbauern und einem Bergbauunternehmen ein Konzept vorgestellt, das eine Kohlendioxid-Abscheidung an Bord vorsieht, das Gas soll „vor Ort“ zu Trockeneis verarbeitet und „im normalen Schiffsbetrieb“ mittels „bewährter Offshore-Technologie“ in die Sedimente des Meeresbodens transportiert werden: „Hier werde das CO2 sicher und dauerhaft als flüssiges CO2 und CO2-Hydrat gespeichert, heißt es“.
Das Projekt erhielt den hübschen Namen „DecarbonICE“, es wird geleitet vom ehemaligen Präsidenten des norwegisch-deutschen Klassifizierers und maritimen Technikdienstleisters DNV GL, Henrik O. Madsen. Zwar versucht Madsen, DecarbonICE als „Übergangslösung“ zu verkaufen, da er aber zugleich die entsprechenden On-board-Einrichtungen sowohl für Nachrüstung in betriebene Schiffe als auch für Installation in Neubauten anbieten möchte, scheint eine ziemlich lange „Übergangs“-Frist geplant zu sein. Zur Zeit wird eine Machbarkeitsstudie erstellt, um auf deren Grundlage einen IMO-Genehmigungsprozess für diese Technologie einzuleiten.
Experten bewerteten das Vorhaben im Gespräch mit der WATERKANT als einen weiteren Versuch, per „greenwashing“ und unter dem gehypten Label „Klimaschutz“ beträchtliche Forschungsgelder abzugreifen. Letztlich handele es sich nur um eine erneute „end-of-the-pipe“-Lösung anstelle grundsätzlicher Maßnahmen zur Vermeidung von Emissionen.
Quelle: HANSA online vom 29. November 2019;
https://mdc.center/