„Für Hunderte Millionen Menschen weltweit haben die Meere eine entscheidende soziale und ökonomische Bedeutung“, so der heute veröffentlichte zur „Meeresoffensive 2020“: Ein breites Bündnis von insgesamt 16 Organisationen und Initiativen fordert von der Bundesregierung und ihren relevanten Behörden, vereinbarte Maßnahmen endlich umzusetzen – „Weichen (zu) stellen für Mensch und Meer“.
Es geht nicht einfach „nur“ um Fragen des Natur- oder Artenschutzes. Vielmehr stellt der Appell einen klaren Bezug her zum Kampf um globale Gerechtigkeit und für den Klimaschutz, gegen Ausbeutung und Verschmutzung: „Insbesondere für ärmere Küstengemeinden, deren Existenz- und Ernährungssicherheit auf den natürlichen marinen Ressourcen fußt, sind intakte Meeresökosysteme lebensnotwendig“, heißt es unter anderem. Und: „Letztlich sind alle Menschen direkt oder indirekt von der Gesundheit der Meere abhängig.“
Der Forderungskatalog der „Meeresoffensive 2020“ richtet sich ausdrücklich an Regierung und Verwaltung, weil bereits „zahlreiche konkrete Maßnahmenpakete auch für einen starken Meeresschutz vorliegen“. Auch wenn der Begriff „Vollzugsdefizite“ nicht verwendet wird, ist doch genau das gemeint: Der Appell kritisiert die unterlassene Umsetzung längst beschlossener Maßnahmen, sowohl im nationalen Maßstab als auch mit Blick auf international geltende Normen, denen Deutschland rechtsverbindlich zugestimmt hat: „Dem muss jetzt durch gezielten politischen Einsatz entgegengewirkt werden“, und zwar „noch in diesem Jahr“.
Der Zeitpunkt des Aufrufs ist kein Zufall: 2020 stehen zahlreiche wichtige internationale, europäische und nationale Entscheidungen an, die maßgeblich für eine andere Meerespolitik sein können und müssen. Auch wenn sich einige dieser wichtigen Konferenzen aufgrund von Corona-Prävention verschoben haben, bleiben diese Verhandlungen dennoch zentral.
- So hat – beispielsweise – im Februar die Internationale Seebodenbehörde ihre erste von zwei Sitzungen abgehalten, die zweite folgt im Juli; dabei geht es vorrangig um ein Bergbaugesetz zur Ausbeutung von Mineralien aus der Tiefsee.
- Ende dieses Monats tagt die UN-Konferenz zur marinen Biodiversität von Gebieten außerhalb nationaler Gerichtsbarkeit, die Artenvielfalt und Meeresschutzgebiete der Hohen See ebenso im Blick hat wie Vereinbarungen zu Technologietransfers oder genetischen Ressourcen.
- Anfang Juni findet in Lissabon die UN-Ozeankonferenz statt, die mit der Umsetzung des meerespolitischen „Ziels 14“ der 2030-Agenda zur nachhaltigen globalen Entwicklung befasst ist.
- Im Juli übernimmt Deutschland routinemäßig sowohl die EU-Ratspräsidentschaft
- als auch für zwei Jahre den Vorsitz der Helsinki-Kommission für den Meeresumweltschutz der Ostsee (HELCOM).
- Bis zum Jahresende muss laut EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie von 2008 die Überprüfung der festgelegten Qualitätsziele für den „guten Zustand der Meeresumwelt“ erfolgt sein.
- Und schließlich, letztes Beispiel, mündet dieses Jahr in die 2021 beginnende „UN-Dekade der Ozeanwissenschaften für nachhaltige Entwicklung“, die die globale Meeresforschung auf die besagte 2030-Agenda fokussieren soll und deren Auftakt im Frühjahr 2021 in Berlin geplant ist.
Erarbeitet haben den Aufruf zur „Meeresoffensive 2020“ der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Meeresschutzorganisation DEEPWAVE, die Deutsche Umwelthilfe (DUH), das Projekt „fair oceans“ im Verein für Internationalismus und Kommunikation (IntKom), das Forum Umwelt und Entwicklung (FUE), der Naturschutzbund Deutschland (NABU), Slow Food Deutschland, die Whale and Dolphin Conservation (WDC) sowie die Umweltstiftung WWF. Unterstützt wird die „Meeresoffensive 2020“ darüber hinaus vom evangelischen Hilfswerk „Brot für die Welt“, dem Verein „fair fish“, dem ökumenischen Zusammenschluss „Ozeanien Dialog“, dem internationalen Schutzprojekt „Reef Check“, der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation „urgewald“, der Schutzstation Wattenmeer sowie der WATERKANT.
Der vollständige Aufruf zur „Meeresoffensive 2020“ samt Forderungskatalog
kann hier kostenlos heruntergeladen werden (PDF 1,5 MB).