Mit rund 20 Millionen Euro Steuergeldern will das Land Niedersachsen der Meyer Werft in Papenburg, seit Jahrzehnten spezialisiert auf den Bau immer größerer Kreuzfahrtschiffe, über die aktuelle Krise hinweg helfen: Wegen der Corona-Pandemie ist derzeit der Markt für die riesigen Massenpassagierhaltungs-Schiffe zusammengebrochen, Bestellungen wurden storniert, es gab eine mehrwöchige Betriebspause, bis Jahresende ist Kurzarbeit vereinbart. Subventionen für einen in Luxemburg ansässigen Konzern?
Nach einem ersten so genannten „Runden Tisch“ im Mai in Hannover – unter anderem mit Vertretern von Wirtschaftsministerium, Werftleitung, Betriebsrat und IG Metall – traf man sich Ende vergangener Woche auf dem Papenburger Werftgelände. Minister Bernd Althusmann (CDU) präsentierte anschließend einen bunten Katalog von Hilfszusagen:
- Sieben Millionen Euro kostet es das Land, damit der Konzern sich Bundesfördermittel für „innovativen Schiffbau“ sichern kann.
- Die Stadt Papenburg erhält einen zweistelligen Millionenbetrag aus einem landeseigenen Sonderprogramm für Baggerarbeiten im kommunalen Hafen – zugunsten des Werft-Standorts.
- Ferner soll Meyer bei den kostspieligen Überführungen seiner Riesenschiffe über die eigentlich viel zu kleine Ems zur Nordsee „spürbar“ entlastet werden: Da werden aus Steuermitteln den Fluss querende Stromtrassen höher gesetzt, zudem werden Gebühren gesenkt oder gestrichen für staatliche Leistungen wie etwa Nutzung des Gandersumer Sperrwerks, von Schleusen, Hafenschleppern und Lotsen.
- Und schließlich verspricht Althusmann weiteres Landesengagement zur Senkung von Stromkosten und EEG-Umlage zur Entlastung der Werft.
Klar ist, dass Tausende Beschäftigte, die von der Meyer Werft als größtem Arbeitgeber abhängig sind, in der Krise um ihre Jobs bangen. Althusmann möchte mit dem Hilfspaket „möglichst viele“ Arbeitsplätze auf der Werft erhalten und so der Region eine Perspektive geben. „Es wäre ein gutes Signal, wenn die (heutigen) Ergebnisse in einen überarbeiteten Standortsicherungsvertrag einfließen können“, mahnte der Minister laut Pressemitteilung seines Hauses. Auch ihm ist klar, dass die Krise Personalabbau mit sich bringen wird: „Ganz einfache Rechnung – Werkverträge runter und Stammbelegschaft halten“, so sein Vorschlag. Aber Konzern-Patriarch Bernard Meyer sieht das offenbar anders, im NDR formulierte er krass, es sei „entscheidend, dass wir von diesem Ballast, den wir haben hier am Standort Papenburg, befreit werden, sonst haben wir keine Chance zu überleben“.
Beschäftigte als „Ballast“? – Es ist sieben Jahre her, dass in Papenburg rumänische Werkvertragsarbeiter bei einem Brand in ihrer Unterkunft ums Leben kamen, erst anschließend sah sich Meyer aus Gründen der Imagepflege veranlasst, den Anteil dieser Zeitbeschäftigten drastisch zu senken. Dafür verlegte er zwei Jahre später seinen Firmensitz ins Steuerparadies Luxemburg – angeblich nicht, um Steuern oder Abgaben zu sparen, sondern erklärtermaßen, um einen Aufsichtsrat mit Mitbestimmungsrechten zu verhindern. Bereits im Mai forderte daher die niedersächsische Linke, dass erst der Konzernsitz nach Deutschland zurückgeholt werden müsse, bevor der Werft Landeshilfen gewährt werden dürften.
Eine ähnliche Version dieses Textes erschien am 15. Oktober 2020 in der Tageszeitung „junge Welt“.