Den größten deutschen Häfen in Hamburg und Bremerhaven stehen Rationalisierungen bevor, die in harte Kämpfe münden könnten – jedenfalls hat die Gewerkschaft ver.di massiven Widerstand angekündigt: Erst hat Terminalbetreiber Eurogate Mitte vergangener Woche Details über sein im Sommer angekündigtes rigides Sparprogramm verkündet, zwei Tage später legte Hamburgs größter Hafenbetreiber HHLA nach.
Im August dieses Jahres hatte Eurogate ein rigides, 84 Millionen Euro schweres Kürzungsprogramm angekündigt und dabei „betriebsbedingte Kündigungen“ nicht ausgeschlossen. In der vergangenen Woche hatte die Konzernführung den Betriebsräten entsprechende Pläne übergeben, um Details zu verhandeln. Am Ende des dritten Quartals, so die Begründung, habe der operative Verlust mehr als 23 Millionen Euro betragen. Modernisierung und Beschleunigung von Abläufen sollen die jährlichen Kosten „um dauerhaft 84 Millionen Euro“ senken.
Eurogate ist ein Gemeinschaftsunternehmen der privaten Hamburger Firma Eurokai und des halbstaatlichen Bremer Logistikers BLG. Eurogate betreibt im Inland neben einem Terminal in Hamburg die Kajen in Bremerhaven sowie beim Wilhelmshavener JadeWeserPort (JWP). Darüber hinaus ist der Konzern an sieben externen Standorten aktiv – in Portugal, Marokko, Italien, Zypern und Nordwestrussland. Zwar sank der Jahresüberschuss 2019 auf 45,5 Millionen Euro, nachdem er 2018 noch bei 67,3 Millionen Euro gelegen hatte. Dies sei, so hieß es begründend, in erster Linie zurückzuführen auf Veränderungen innerhalb der großen Reederei-Allianzen, was sich auf deren Liniendienste ausgewirkt habe. Trotz sinkender Gewinne ist aber offensichtlich Geld genug da, um das Engagement bei der italienischen Tochter Contship Italia auszubauen. Und auch der Betrieb des JWP, der seit Inbetriebnahme 2012 immer unausgelastet geblieben ist, „führt … unverändert zu erheblichen Verlusten“, so der Geschäftsbericht von Eurokai.
Als Eurogate-Vorstand Thomas Eckelmann Anfang August in einem betriebsinternen Video das Sparpaket ankündigte, bezifferte er die operativen Verluste des Konzerns fürs erste Halbjahr 2020 auf 23 Millionen Euro. Als die Sparpläne vergangene Woche konkretisiert wurden, nannte er dieselbe Verlusthöhe – aber bezogen auf die ersten drei Quartale bis Ende September. Das könnte ein Indiz sein für einen – auf die Pandemie-Delle zu Jahresanfang folgenden – Aufschwung im Sommer dieses Jahres, was dem Trend anderer Häfen durchaus entspricht.
Beispielsweise dem in Hamburg: Wenige Tage nach Eurogate jüngster Verlautbarung hat der größte Hafenbetreiber der Elbmetropole, die mehrheitlich staatliche HHLA, nachgelegt und seinerseits ein 50-Millionen-Euro-Sparpaket angekündigt, das ebenfalls mit „betriebsbedingten Kündigungen“ verbunden sein kann. Auch dies ging einher mit einem Zwischenergebnis für die ersten neun Monate des Jahres: Das weist zwar einen deutlichen Corona-Knick insbesondere im zweiten Quartal aus, bringt aber unter dem Strich – im Unterschied zu Eurogate – immer noch ein positives operatives Ergebnis: 96,6 Millionen Euro, das sind 40,7 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Doch auch die HHLA hat trotz Krise Geld genug für Expansion, erst kürzlich erwarb der Konzern einen Mehrheitsanteil an einer Erweiterung im Adria-Hafen Triest. Und es soll in diesem Zusammenhang auch nicht unerwähnt bleiben, dass die staatliche Hamburg Port Authority (HPA) jüngst eine Kooperation mit dem marokkanischen Mittelmeerhafen Tanger Med vereinbart hat.
Trotzdem wollen HHLA wie Eurogate, die nach wie vor im Geheimen über eine Kooperation reden – was einer Zusammenarbeit der bislang gegeneinander arbeitenden Hafenstandorte Hamburg und Bremen/Bremerhaven gleichkommt –, nun drastisches Sparen durchpauken. Dies sei der Versuch, „durch Arbeitsplatz- und Tarifabbau die aktuelle wirtschaftliche Delle zur eigenen Sanierung zu nutzen“, krisitiert Natale Fontana, Landesfachbereichsleiter Verkehr bei ver.di Hamburg, laut einer Pressemitteilung. Tatsächlich argumentieren beide Terminalkonzerne vor allem mit der Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen sowie dem Druck seitens modernisierter Ostseehäfen. Man müsse schneller und billiger werden als die Wettbewerber, heißt es unisono bei Eurogate und HHLA.
Fontana kündigt gewerkschaftliche Gegenwehr an: Er fordert von den Firmen, den pandemiebedingten Einbruch „nicht auf dem Rücken der Hafenarbeiter“ auszutragen. Und unter Hinweis auf die staatliche Beteiligung mahnt er die Politik, „Investitionen und Subventionen der Hafenbetriebe an Tarifbindung und Arbeitsplatzerhalt zu koppeln“.