Die im Aktionsbündnis „Lebendige Tideelbe“ zusammengeschlossenen Umweltverbände BUND, NABU und WWF haben ein anwaltliches Gutachten vorgelegt, mit dessen Hilfe sie es dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg verwehren wollen, den Hafenschlick ohne besondere Umweltprüfung im Wattenmeer – und zwar in unmittelbarer Nähe geschützter Zonen – zu verklappen.
Hamburg kämpft bekanntlich seit Jahrzehnten mit dem Problem, ständig Sand und Schlick aus der Elbe und den Hafenbecken baggern zu müssen, um Zufahrten und Kajen frei zu halten. Die Baggergutmenge nimmt dabei ständig zu und das hat vielfältige Ursachen – abnehmende Wassermengen aus dem Oberlauf spielen ebenso eine Rolle wie die ständigen Elbvertiefungen und der daraus resultierende zunehmende Tidenhub; und auch der Klimawandel dürfte dazu beitragen. Fakt ist, dass jede Flut mehr Sediment die Elbe hinauf transportiert als nachfolgende Ebben zurück ins Meer befördern können.
Die bisherige Verklappung bei Helgoland im schleswig-holsteinischen Teil der Nordsee muss in Bälde gestoppt werden. Das von den zuständigen Behörden – der Hamburg Port Authority (HPA) und der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) des Bundes – entwickelte Konzept, durch Strombaumaßnahmen die Tide zu dämpfen, braucht auf jeden Fall mehr Zeit als verfügbar. Unter anderem soll die Alte Süderelbe wieder geöffnet und dem Fluss so mehr Raum gelassen werden. Dieser und andere Teile des Konzepts sind jedoch heftig umstritten.
Also muss Hamburg zunächst einmal eine schnelle Lösung finden, um die gewaltigen Schlickmengen kontinuierlich irgendwo deponieren zu können: Die Wirtschaftsbehörde hat nun eine Fläche nahe der Insel Scharhörn ins Auge gefasst – die aber läge direkt neben dem Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer. Das von den Verbänden vorgelegte Gutachten geht nun davon aus, dass diesem europäischen Naturschutzgebiet durch die benachbarte Schlickablagerung eine Beeinträchtigung drohen könnte. Geltende EU-Rechtsprechung lege daher nahe, dass der Hamburger Senat seiner Maßnahme eine Verträglichkeitsprüfung vorzuschalten und die Naturschutzverbände an dieser Prüfung zu beteiligen habe. „Wenn sich im Rahmen dieses Verfahrens herausstellt“, so die Verbände in einer Stellungnahme, „dass vergiftete und verdriftete Schlickbestandteile die Lebensräume des Wattenmeeres bedrohen, werden wir verhindern, dass Hamburg das Weltnaturerbe zum Mülleimer der Hafenwirtschaft macht“.
Hamburg behauptet zwar, dass es für eine solche Entscheidung noch zu früh sei, und spielt auf Zeit; die rechtlichen Anforderungen an mögliche Genehmigungsverfahren müssten vom Senat erst noch intern geprüft werden. Das Aktionsbündnis „Lebendige Tideelbe“ setzt dagegen auf juristisch gestützten öffentlichen Druck und fordern Schritte zur Beprobung des Meeresbodens einschließlich Bestandsaufnahme von Kleinlebewesen und Fischfauna sowie Untersuchung der Auswirkungen auf Seevögel. Weil derartige Untersuchungen verlässlich nur im Sommer möglich sind, sei eine kurzfristige Genehmigung der Verklappungspläne ausgeschlossen. Aus Sicht der Verbände müsse die laufende Elbvertiefung sofort gestoppt werden, weil die damit verbundenen Arbeiten das Problem zusätzlich forcieren würden.
Mehr zum Thema u. a. beim Naturschutzbund Deutschland (NABU).