Die Bremerhavener Lloyd Werft wird zum 1. April an den Bremer Bauunternehmer Kurt Zech und die Bremerhavener Rönner-Gruppe verkauft. Das hat Insolvenzverwalter Christoph Morgen am Wochenende bekannt gegeben. Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) zeigte sich erfreut über die „gute Lösung“. Die IG Metall indes ist – wie der Weser-Kurier zitierte – „sauer“.
Entweder – oder: Vielleicht hat das Bangen um die Zukunft der Lloyd Werft jetzt ein Ende; vielleicht nimmt es nur neue Formen an. Die Mitteilung von Insolvenzverwalter Morgen über die Zukunft des 165 Jahre alten Unternehmens hat viele überrascht. IG-Metall-Bezirksleiter Daniel Friedrich äußerte in der Zeitung Zweifel an der „Dauerhaftigkeit der nun gefundenen Lösung für die Beschäftigten“. Vorausgegangen war – mit den Worten von Friedrich – ein „beispiellos harter Bieterwettkampf“. In der Tat: Was Bremerhaven und die Lloyd-Beschäftigten in den vergangenen Wochen erleben mussten, verdient keine andere Beschreibung.
Wie berichtet, war „der Lloyd“, wie die Traditions-Werft in Bremerhaven genannt wird, als Teil des zum malaysischen Mischkonzern Genting gehörenden Ostseeverbunds „MV Werften“ nach mehrjährigem Planungschaos mit dem Mutterkonzern in die pandemie-bedingte Insolvenz geschlittert. Zunächst hatte der Lloyd riesige Kreuzfahrtschiffe für Genting bauen sollen, dann wurde er zum Anhängsel von dessen inzwischen gegründetem Ostseeverbund, durfte keine weiteren Aufträge akquirieren, wurde mit Schließung bedroht, rutschte schließlich in besagte Insolvenz. Die Suche nach Lösungen gestaltete sich schwierig, denn ein potentieller Käufer sollte sinnvollerweise bereit sein, die rechtlich getrennten Teile Schiffbau und Besitzgesellschaft (samt Immobilien und Suprastruktur) gemeinsam zu übernehmen.
Bewerber-Reigen
Die lokale Firmengruppe Heinrich Rönner, Eigner der Werft Bredo Dry Docks sowie im Stahlbau und weiteren Industriebereichen aktiv, war erster Bewerber – Stadt- und Landespolitik begrüßten verhalten die regionale Option, es gab aber Zweifel bezüglich der Angebots-Höhe. Des Weiteren präsentierte Al Seer Marine aus dem Emirat Abu Dhabi, nach eigenen Angaben ein führender Schifffahrtsdienstleister der arabischen Region, ein Konzept, um beim Lloyd Luxusyachten bauen, umbauen und warten zu lassen. Der Insolvenzverwalter zeigte sich beeindruckt, weil Al Seer eine Übernahme rückwirkend zum Jahresbeginn vorgeschlagen hatte, was eine Rücknahme des Insolvenzantrags ermöglicht hätte. Auch der Betriebsrat lobte das Araber-Konzept, weil es – anders als Rönner – Übernahme aller Beschäftigten und Tariftreue zusagte und Arbeit für mehrere Jahre versprach.
Dann überschlugen sich die Ereignisse: Überraschend meldete sich der Bremer Milliardär Kurt Zech als dritter Bieter. Zech besitzt und leitet einen gemischten Bau-, Immobilien- und Hotelkonzern, ist wegen seiner multiplen Aktivitäten in Bremen trotz bester Vernetzung nicht unumstritten, war auch bereits in Korruptionsskandale verwickelt. Maritim engagiert ist er mit Zeaborn, einem Management für mehrere hundert Schiffe unterschiedlicher Eigentümer und damit faktisch eine der größten deutschen Reedereien. Trotzdem deutete Zech laut Nordsee-Zeitung an, am Lloyd nicht wegen Schiffbaus, sondern für Stahlbauprojekte interessiert zu sein. Das Blatt berichtete aber auch, ein gescheitertes, früheres Zech-Projekt, die Reederei Zeamarine, sei in ihrer Insolvenz von – Christoph Morgen abgewickelt worden: „Man kenne und schätze sich, hieß es aus dem Umfeld“, so die Zeitung zum Verhältnis von Morgen und Zech.
Obskure Bieter-Runde
Der Bieter-Streit wurde obskur: Es wurden Rufe laut, die Araber nicht zu berücksichtigen, weil sich die Vereinigten Arabischen Emirate im UN-Sicherheitsrat bei der Beschlussfassung über eine Resolution zum Ukraine-Krieg der Stimme enthalten hätten – dem Weser-Kurier sei dies „aus der Zech-Gruppe … gestreut“ worden. IGM-Mann Friedrich nannte es „ekelhaft“, den Krieg in der Ukraine so zu missbrauchen. In einer Umfrage von IGM und Betriebsrat sprach sich die Belegschaft aus Sorge um ihre Zukunft deutlich für Al Seer Marine aus. Zech und Rönner legten daraufhin ein gemeinsames Konzept vor, in dem sie bisherige Aussagen zu Personalübernahme und Tariftreue zwar ebenso verbesserten wie ihr Kaufangebot – die Langzeit-Perspektiven für den Lloyd blieben aber unscharf.
Trotzdem erhielt die „Unterweser-Lösung“, so Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD), in der Nacht zum vergangenen Sonnabend den Zuschlag. Grantz gab sich ebenso zufrieden wie Senatorin Vogt. Anders die IG Metall: Friedrich äüßerte laut Radio Bremen die Erwartung, dass alle, die jetzt für diese Lösung votiert hätten, „an der Seite der Beschäftigten stehen“, wenn es um künftige Perspektiven gehe. IGM-Geschäftsführerin Doreen Arnold mahnte, die Herzen der Belegschaft habe die Zech-Rönner-Gruppe noch nicht erobert.