In Hamburg herrscht massive „Unruhe“, so nannte es am Mittwoch die Frankfurter Rundschau. Es geht um den geplanten Mega-Deal, wonach die Genfer Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) knapp die Hälfte der bislang überwiegend staatseigenen Hafenbetriebsgesellschaft HHLA übernehmen soll – aber das scheint nicht ganz reibungslos zu funktionieren.
Zum einen gibt es anhaltend massiven Widerstand seitens der HHLA-Belegschaft, einschließlich des vorerst abgewehrten Versuchs, einer Betriebsrätin außerordentlich zu kündigen. Zum anderen endete am Dienstag die Vier-Wochen-Frist für den erforderlichen Ankauf der in Streubesitz befindlichen HHLA-Aktien ohne zufriedenstellendes Ergebnis.
Wie berichtet, hatte der Senat der Hansestadt, derzeit mit 69,2 Prozent HHLA-Mehrheitseigner, im Spätsommer bekannt gegeben, den Schweizer Familienkonzern MSC, derzeit Weltmarktführer der Container-Schifffahrt, mit 49,9 Prozent an der lokalen Terminalgesellschaft beteiligen zu wollen. Dafür will er 19,1 Prozent seines Anteils an die Genfer veräußern, wobei wesentliche Anteile des Erlöses in die zugleich geplante Kapitalerhöhung fließen sollen – Kritiker sprechen von „Ausverkauf öffentlichen Eigentums“. MSC allerdings muss sich dafür die anderen 30,8 Prozent der Aktien zusammen kaufen. Und das scheint nur schleppend zu gelingen.
Nur die so genannten A-Aktien des HHLA-Teilkonzerns Hafenlogistik sind zum Börsenhandel zugelassen, die S-Aktien für den Immobilien-Besitz nicht. Die A-Aktien verteilen sich laut HHLA (neben dem Anteil Hamburgs) auf mehr als 31.000 Anleger. Ihnen hatte MSC einen Stückpreis von 16,75 Euro geboten – aktuell liegt der Kurs bei 16,34 Euro, knapp 14 Prozent unter dem Kurs von 2018. Die gesetzte Vier-Wochen-Frist ist nun abgelaufen, bislang – so hieß es – verfügten Hamburg und MSC gemeinsam über 84,21 Prozent. Das bedeutet, dass bislang 15,01 der Streubesitz-Aktien an MSC gegangen sind – 15,79 Prozent aber fehlen den Schweizern noch. Das klingt zwar viel, tatsächlich benötigen die Genfer aber bis zum 7. Dezember – Ablauf der Verlängerungsfrist – „nur“ noch knapp 5,8 Prozent weiterer Anteile. Denn das Aktienrecht sieht vor, dass bei geplanten Übernahmen 90 Prozent der Anteile die übrigen Aktionäre auch gegen ihren Willen zur Übertragung ihrer Papiere zwingen können, Börsianer sprechen da von einem „Squeeze out“.
Soziales Ausquetschen
Ein soziales Ausquetschen befürchten indes nach wie vor große Teile der HHLA-Belegschaft. Für Dienstag Nachmittag hatte der Konzernbetriebsrat die Beschäftigten zu einer Betriebsversammlung eingeladen, mehr als 2000 – so das Fachblatt Täglicher Hafenbericht (THB) – seien erschienen, um nach den spontanen Streiks zu Monatsanfang über das weitere Vorgehen zu beraten. Die bisherigen Gespräche mit Senat und MSC haben die konkreten Bedenken gegen die geplante Fusion nicht zerstreuen können. Trotz vollmundiger Versprechen der Politik ist bislang nur ein temporärer Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen verbindlich zugesagt, auf weitere Absicherungen drängen Beschäftigte und Betriebsräte bislang vergebens.
Die HHLA-Spitze ist nach bisherigen Protesten offensichtlich hochgradig nervös: Am Montag meldete der Betriebsrat, die Unternehmensleitung wolle die Betriebsrätin Jana Kamischke fristlos kündigen. Die Vorwürfe gegen sie bezögen sich indes nicht auf das Verhalten am Arbeitsplatz, sondern auf Meinungsäußerungen im privaten Bereich, so der Betriebsrat: „Der Versuch, aktiven Menschen den Mund zu verbieten und die Meinungsfreiheit einzuschränken, ist nicht zu akzeptieren.“ Kamischke war nicht nur engagiert an den jetzigen Protesten gegen den geplanten MSC-Deal beteiligt, sondern schon im Vorjahr als maßgebliche Wortführerin in den Tarifstreiks hervorgetreten: Sie hatte damals zusammen mit anderen die Petition zur sofortigen Aufhebung einer gerichtlich erzwungenen Friedenspflicht gestartet und mehrere tausend Unterschriften gesammelt. Noch während der Dienstag-Versammlung wurde nun bekannt, dass die HHLA-Spitze eingeknickt sei und auf die Kündigung verzichte.