MSC baut maritime Vorherrschaft aus

Der mari­ti­me Gen­fer Fami­li­en­kon­zern Medi­ter­ra­ne­an Ship­ping Com­pa­ny (MSC) treibt‘s ger­ne mal auf die Spit­ze – aktu­ell auch im glo­ba­len Kon­kur­renz­kampf der Hafen-, Assistenz- und Offshore-Schlepper: Jüngst wur­de bekannt, dass MSC sein Toch­ter­un­ter­neh­men Med­Tug mit der spa­ni­schen Bolu­da Towa­ge fusio­nie­ren wol­le. Die Ver­trä­ge sind unter­zeich­net, im Früh­jahr soll der Deal rechts­kräf­tig wer­den, es  feh­len aber noch kar­tell­recht­li­che Genehmigungen. 

Seit eini­gen Jah­ren schon ist die auch im Kreuz­fahrt­ge­schäft akti­ve Ree­de­rei als Lini­en­un­ter­neh­men der Container-Schifffahrt Welt­markt­füh­rer und hat bekannt­lich seit Errei­chen die­ses Titels den Vor­sprung vor allen ande­ren mas­siv aus­ge­baut: Jüngs­ten Sta­tis­ti­ken zufol­ge stellt MSC mit knapp 900 Schif­fen und einer Kapa­zi­tät von knapp 6,45 Mil­lio­nen TEU der­zeit mehr als 20 Pro­zent der Welt­con­tai­ner­flot­te; rund 130 wei­te­re Schif­fe (knapp 2,1 Mil­lio­nen TEU) sind bei ver­schie­de­nen Groß­werf­ten, übri­gens über­wie­gend in Chi­na, beauf­tragt. Schaut man sich die Bestän­de und Order­bü­cher der ande­ren kon­kur­rie­ren­den Ree­de­rei­en an, wird der Vor­sprung des Gen­fer Kon­zerns noch auf Jah­re hin­aus wei­ter wach­sen und so die Spit­zen­po­si­ti­on ausbauen.

Gera­de in den ver­gan­ge­nen Mona­ten ist durch den Streit um die Betei­li­gung am Ham­bur­ger Hafen­be­trei­ber HHLA publik gewor­den, dass MSC auch im welt­wei­ten Ter­mi­nal­ge­schäft kräf­tig mit­mischt. All die damit ein­her gehen­den Nach­rich­ten sind aber Mit­te die­ses Monats getoppt wor­den durch die Mel­dung, dass die MSC-Tochter Ter­mi­nal Invest­ment Ltd. (TiL) mit mehr­heit­li­cher Über­nah­me des in Hong­kong ansäs­si­gen Hafen­be­trei­bers Hut­chison Ports zum welt­weit größ­ten Betrei­ber von Con­tai­ner­ter­mi­nals auf­ge­stie­gen ist. Nach Anga­ben des mari­ti­men Lon­do­ner Bera­tungs­bü­ros Dre­wry über­holt TiL durch die­sen Deal nicht nur die däni­sche Ree­de­rei Mærsk und deren Hafen­s­par­te APM Ter­mi­nals (APMT), son­dern auch den bis­he­ri­gen Markt­füh­rer PSA Inter­na­tio­nal aus Sin­ga­pur. Die MSC-Tochter TiL hält somit aktu­ell einen Welt­markt­an­teil von knapp neun Prozent.

Schlepper-Krieg“ vor dem Ende?

Es ist eine Ent­wick­lung, die nicht nur Beschäf­tig­te beun­ru­higt, son­dern die auch bein­har­te „markt­wirt­schaft­li­che“ Exper­ten mit Skep­sis sehen: Die einen war­nen davor, dass Ter­mi­nals betrei­ben­de Ree­de­rei­en durch stär­ke­re Kon­trol­le der Logis­tik­ket­te Löh­ne drü­cken und Jobs ver­nich­ten könn­ten – etwa durch bil­li­ge­re Arbeits­kräf­te oder stär­ke­re Auto­ma­ti­sie­rung. Die ande­ren mah­nen, dass die mit Abstand welt­größ­te Con­tai­ner­ree­de­rei als zugleich größ­ter Ter­mi­nal­be­trei­ber mehr Fracht an sich bin­den könn­te. Das wür­de den Wett­be­werb beschrän­ken und könn­te die Kos­ten für Ver­la­der, also Fracht­ra­ten und letzt­lich End­prei­se, in die Höhe treiben.

Die in allen Häfen zwin­gend erfor­der­li­chen Schlepp­diens­te zu beherr­schen, dürf­te sol­che Ent­wick­lung noch ver­stär­ken: Vor weni­gen Wochen über­rasch­te MSC die Fach­welt mit der Ankün­di­gung, den bereits vor­han­de­nen Mini-Anteil an Bolu­da Towa­ge auf 49 Pro­zent auf­sto­cken zu wol­len. Die kon­zern­ei­ge­ne Schlep­per­flot­te Med­Tug soll in das gemein­sa­me Unter­neh­men ein­ge­bracht wer­den: Med­Tug war erst 2021 gegrün­det wor­den und sofort durch aggres­si­ve Auf­trags­ak­qui­si­ti­on in aus­ge­wähl­ten Häfen – unter ande­rem Bre­mer­ha­ven – auf­ge­fal­len. 2022 über­nahm Med­Tug die ita­lie­ni­sche Rimor­ch­ia­to­ri Medi­terra­nei und stärk­te so sein Enga­ge­ment unter ande­rem im Mit­tel­meer­raum, in Fern­ost sowie in Nor­we­gen und Kolumbien.

Bolu­da Towa­ge selbst war zuvor durch mas­si­ve Zukäu­fe zur welt­größ­ten Schleppree­de­rei auf­ge­stie­gen: Die Spa­ni­er hat­ten etwa 2017 an Weser und Elbe für Unru­he gesorgt, als die Tra­di­ti­ons­un­ter­neh­men Unter­we­ser Ree­de­rei (URAG) sowie Lüt­jen & Rei­mers auf­ge­kauft wur­den; 2019 folg­te die Über­nah­me des star­ken nie­der­län­di­schen Kon­kur­ren­ten Kotug Smit. Wei­te­re Zukäu­fe – von Por­tu­gal über Groß­bri­tan­ni­en bis Finn­land (um nur eini­ge euro­päi­sche Bei­spie­le zu nen­nen) – hal­fen Bolu­da eben­so wie hef­tig umstrit­te­ne loka­le Kampf­prei­se gegen­über Kon­kur­ren­ten, die eige­ne Posi­ti­on wei­ter auszubauen.

Soll­te der aktu­el­le Deal kar­tell­recht­lich geneh­migt wer­den, wovon die Fach­welt aus­geht, wird Bolu­da Towa­ge sei­ne glo­bal beherr­schen­de Stel­lung beto­nie­ren. Noch über­las­sen die Gen­fer Bolu­da die Füh­rung des neu­en Schlepper-Giganten – fragt sich nur, wie lan­ge. Sicher ist aber, dass die bei­den auf hie­si­gen Märk­ten ver­blie­be­nen Wett­be­wer­ber – Mærsks Svit­zer und Ham­burgs Fair­play – sich kräf­tig wer­den wapp­nen müs­sen: Sie kön­nen sich viel­leicht lokal oder regio­nal behaup­ten, dürf­ten aber wenig Chan­cen haben, Bolu­das Vor­macht zu bre­chen. Der seit lan­gem eska­lie­ren­de „Schlepper-Krieg“ steht vor sei­nem Ende.

 

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WATERKANT-Redaktion