Deutschlands größte Reederei, die teilstaatliche Hamburger Hapag-Lloyd, hat die jüngsten Trendmeldungen bestätigt: Während viele Branchen unter der Corona-Krise leiden, zählen die großen Reedereien definitiv zu den Pandemie-Gewinnern. Der Konzern legte in der Wochenmitte vorläufige Zahlen vor, wonach er in 2020 ein Ergebnis (EBIT – vor Zinsen und Steuern) in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro erzielt habe.
Die Veröffentlichung geschah unerwartet früh, ein Grund könnte sein, dass kurz zuvor ein Commerzbank-Analyst zu Gewinnmitnahmen bei der seit September kontinuierlich gestiegenen Konzernaktie geraten hatte, was noch tags zuvor die Papiere deutlich belastet hatte. Der endgültige Geschäftsbericht für 2020 mit dann geprüften Finanzzahlen ist für Mitte März angekündigt. Die Vorab-Veröffentlichung indes bestätigt den eingangs beschriebenen Trend: Es gibt in dieser Pandemie Verlierer – beispielsweise zigtausende Seeleute – und es gibt Gewinner wie Reeder und Schiffseigner; das gilt bekanntlich nicht nur für die Hamburger, sondern ebenso für etliche ihrer größten Konkurrenten.
Bei Hapag-Lloyd liest sich dieser Erfolg in Zahlen so: Das EBIT von rund 1,3 Milliarden Euro bedeutet gegenüber 2019, als 811 Millionen Euro verbucht wurden, einen Zuwachs um 62 Prozent – und gegenüber 2018 sogar eine EBIT-Verdreifachung (444 Millionen Euro). Den grandiosen Abschluss eines Krisenjahrs im globalen Maßstab erklärt die Reederei – in der Container-Linienschifffahrt auf Platz 5 der Weltrangliste – zum einen mit hohen Frachtraten bei gleichzeitig sinkenden Bunker-Preisen; zum anderen basiere der Erfolg auf einem im Frühjahr 2020 gestarteten konzernweiten Sparprogramm: Das betraf alle Kostenkategorien, hat aber – so der Vorstands-Sprech – auf „Personalfreisetzungen“ bislang verzichtet; man habe lediglich die Neubesetzung vakanter Stellen ausgesetzt. Bis Ende vergangenen Jahres habe dieses Programm bereits Einsparungen von mehr als 400 Millionen Euro bewirkt.
Zur Transportsituation hatte Vorstandschef Habben Jansen bereits vor wenigen Wochen festgestellt, die vorhandenen Schiffe würden kaum ausreichen, um die gewaltigen nachgefragten Gütermengen zu transportieren. Die Nachfrage sei regelrecht explodiert, so Jansen im Sender n-tv, „weil die Leute mehr Sachen kaufen, wenn sie nicht in Urlaub gehen oder ins Restaurant“. Der NDR meldete, es gebe bereits Versteigerungen von Container-Stellplätzen. Diese Situation hat die jüngst berichtete Entscheidung Hapag-Lloyds, neue Schiffe zu ordern, maßgeblich beeinflusst – eine Entscheidung, die übrigens das Jahres-EBIT wegen „Optimierung des Schiffsportfolios“ noch um rund 120 Millionen Euro geschmälert hat. Und obwohl im Gesamtjahr 2020 wegen der anfänglichen Corona-Delle laut den vorläufigen Zahlen mit 11,8 Millionen TEU rund 1,6 Prozent weniger transportiert wurde als 2019, trieben die gestiegenen Transportpreise den Umsatz um drei Prozent auf 12,8 Milliarden Euro nach oben. Nach jüngsten Angaben der Londoner Analysten von Drewry stieg der Durchschnittspreis für einen 40-Fuß-Container im Ostasien-Europa-Verkehr seit Januar 2020 von weniger als 2000 auf deutlich mehr als 5000 US-Dollar.