Reeder-Förderung soll weiter fließen

Der Ver­band Deut­scher Ree­der (VDR) und das Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­ri­um (BMVI) haben in sepa­ra­ten Stu­di­en die bis­lang gewähr­te, reich­hal­ti­ge För­de­rung der mari­ti­men Wirt­schaft „eva­lu­ie­ren“ las­sen – bei­de Exper­ti­sen kom­men zu dem wenig über­ra­schen­den Ergeb­nis, dass die Sub­ven­tio­nie­rung unbe­dingt wei­ter gehen müsse. 

Schiff­fahrt ist nur mög­lich, wenn wir … nicht … nur Vor­tei­le für uns selbst suchen“ – so lau­tet, etwas ver­kürzt, ein Zitat von Alfred Hart­mann, Prä­si­dent des VDR, aus dem aktu­el­len Edi­to­ri­al der Ver­bands­zeit­schrift „Deut­sche See­schiff­fahrt“. – Heh­re Wor­te. Dabei ist bekannt, dass die Bun­des­re­gie­rung Jahr für Jahr drei­stel­li­ge Mil­lio­nen­be­trä­ge aus Steu­er­gel­dern in die deut­sche See­schiff­fahrt pumpt. Dem Anspruch nach sol­len die­se För­der­mit­tel deut­schen Ree­de­rei­en den Ein­satz hoch qua­li­fi­zier­ten Bord­per­so­nals und das Füh­ren der deut­schen Flag­ge im euro­päi­schen und glo­ba­len Wett­be­werb erleich­tern. Aber die Umset­zung die­ses Anspruchs ist aus­ge­blie­ben, die Gewerk­schaft ver.di for­mu­liert es deut­lich: Die Schiff­fahrts­po­li­tik des VDR und des BMVI rui­nie­re die Zukunft deut­scher Seeleute.

Drei Säu­len der­ar­ti­ger Ree­der­för­de­rung lau­fen in die­sem Jahr aus, jeweils Ende Mai, Juni und Dezem­ber. In Kraft getre­ten sind die­se Maß­nah­men 2016/17, aller­dings muss betont wer­den, dass es auch zuvor bereits ande­re Sub­ven­tio­nie­rung der Bran­che gege­ben hat. Laut ver.di indes ist die Schiff­fahrts­för­de­rung des Bun­des seit 2016 die höchs­te, die Ree­de­rei­en in Deutsch­land je gewährt wurde:

  • Da wäre zunächst der so genann­te Lohn­steu­er­ein­be­halt zu nen­nen: Dem Bord­per­so­nal auf Schif­fen unter deut­scher Flag­ge wird zwar der vol­le Lohn­steu­er­satz von der Heu­er abge­zo­gen, aber der Arbeit­ge­ber darf die­ses Geld behalten.
  • Zwei­te Säu­le ist die Erstat­tung von Lohn­ne­ben­kos­ten – die Ree­der bekom­men ihre Arbeit­ge­ber­an­tei­le zur Sozi­al­ver­si­che­rung vom Staat zurück, und zwar für See­leu­te auf Schif­fen unter deut­scher eben­so wie unter Flag­ge eines ande­ren EU-Landes. Und das, obwohl nach den Kri­te­ri­en der Inter­na­tio­na­len Transportarbeiter-Föderation (ITF) knapp ein Vier­tel der der­zeit 35 als unso­zi­al ein­ge­stuf­ten „Billigflaggen“-Staaten EU-Länder sind.
  • Drit­te Säu­le schließ­lich war die Auf­wei­chung der Schiffs­be­set­zungs­ver­ord­nung (SchBes­VO), nach der seit 2016 nur noch ein bis zwei statt wie bis­her vier bis fünf EU-Bürger auf Schif­fen unter deut­scher Flag­ge beschäf­tigt wer­den müssen.
  • Unbe­fris­tet hin­zu kom­men zum einen die deut­schen Schiffs­eig­nern unab­hän­gig von der geführ­ten Flag­ge gewähr­te so genann­te Ton­na­ge­steu­er, eine pau­scha­lier­te Gewinn­ermitt­lung, die weit weni­ger als die rea­len Pro­fi­te versteuert.
  • Zum ande­ren darf durch­aus auch die „Stif­tung Schiff­fahrts­stand­ort Deutsch­land“ in die­sem Kon­text genannt wer­den: Die­se die Aus­bil­dung deut­scher See­leu­te för­dern­de Ein­rich­tung finan­ziert sich zu einem wesent­li­chen Teil aus Gebüh­ren, die bei Aus­flag­gung von Schif­fen zu ent­rich­ten sind – es ist sicher nicht ver­mes­sen, eine sol­che (gerin­ge) Teil-Abschöpfung der Vor­tei­le, die Ree­der beim Flag­gen­wech­sel erzie­len, auch als Teil von Sub­ven­tio­nie­rung zu werten.

Es ist nur schwer zu bezif­fern, was die­se Ree­der­för­de­rung die deut­schen Steu­er­zah­ler ins­ge­samt kos­tet. Schon 2016 lief eine ent­spre­chen­de Bun­des­tags­an­fra­ge des dama­li­gen Linken-Abgeordneten Her­bert Beh­rens weit­ge­hend ins Lee­re. Aktu­ell lie­gen die erwähn­ten bei­den Stu­di­en vor, in denen BMVI und VDR die genann­ten drei Säu­len „eva­lu­ie­ren“ lie­ßen: Dem­nach sum­mier­ten sich die Sub­ven­tio­nen allein für Lohn­steu­er­ein­be­halt und Lohn­ne­ben­kos­ten­för­de­rung von 2016-19 auf durch­schnitt­lich 77 Mil­lio­nen Euro jähr­lich. Die Vor­tei­le dank Ände­rung der SchBes­VO wer­den in bei­den Stu­di­en nicht unter­sucht. Und auch die Kos­ten der Ton­na­ge­steu­er – teil­wei­se drei­stel­li­ge Mil­lio­nen­be­trä­ge pro Jahr, wenn­gleich der­zeit gerin­ger –, sind in den Unter­su­chun­gen von Pri­ce­wa­ter­hous­e­Coo­pers (PwC) für den VDR sowie Ernest & Young (EY) für das BMVI aktu­ell aus­ge­blen­det geblieben.

Immer wie­der for­der­ten nicht nur ver.di und ITF, son­dern auch mari­ti­me Exper­ten, der Staat müs­se stär­ker dar­auf drän­gen, dass die sub­ven­tio­nier­ten Ree­der als Gegen­leis­tung ihre Ausbildungs- und Beschäf­ti­gungs­be­mü­hun­gen ver­stär­ken. Das Gegen­teil ist der Fall: Laut Anga­ben von ver.di schrumpf­te die Anzahl deut­scher See­leu­te zwi­schen 2016 und Ende 2019 um fast 1000 auf nur noch 5554; die Gesamt­zahl der Aus­zu­bil­den­den über alle Qua­li­fi­ka­ti­ons­stu­fen nahm von 633 Anfang 2016 auf 165 Ende 2019 ab. Die Gewerk­schaft ver.di ist der Ansicht, dass die­se Zah­len, auch unter Berück­sich­ti­gung einer geschrumpf­ten Han­dels­flot­te, eines klar bele­gen: Die Zie­le der För­de­rung – Stei­ge­rung der Ton­na­ge unter deut­scher Flag­ge sowie siche­re und zukunfts­fä­hi­ge Beschäf­ti­gung und Aus­bil­dung – sei­en ein­deu­tig nicht erreicht wor­den. Den­noch befür­wor­ten bei­de Stu­di­en eine Ver­län­ge­rung der Reeder-Förderung über 2021 hin­aus, der Bun­des­fi­nanz­mi­nis­ter berei­tet ent­spre­chen­de Maß­nah­men bereits vor.

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WATERKANT-Redaktion