Eigentlich hätte es für Hamburgs Häfen heute „nur“ um die 2021er Bilanzen gehen sollen, stattdessen stand die aktuelle politische Entwicklung im Mittelpunkt: Die Hafen Hamburg Marketing (HHM) erwartet, der Krieg in der Ukraine werde deutliche Auswirkung auf den Umschlag in Deutschlands größtem Seehafen haben. Das Gesamtergebnis für das vergangene Jahr wird zwar als relativ zufriedenstellend beschrieben, aber das ist differenziert zu sehen.
Nach dem Einbruch durch die Corona-Pandemie habe sich der Seegüterumschlag positiver entwickelt als erwartet, schreibt HHM in seiner heutigen Pressemitteilung, das Ergebnis von 128,7 Millionen Tonnen bedeute ein Gesamtplus von rund zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allerdings war 2020 der Umschlag im Vergleich zu 2019 um 7,6 Prozent eingebrochen, das „vorpandemische“ Ergebnis von 136,6 Millionen Tonnen ist folglich im vergangenen Jahr noch deutlich verfehlt worden – anders, als es die Bremer kürzlich vermelden konnten.
Für 2021 bilanziert HHM ein Plus von 2,2 Prozent im seeseitigen Containerverkehr: 8,7 Millionen TEU (20-Fuß-Standardcontainer) seien umgeschlagen worden. Allerdings hatte Corona in 2020 auch hier Wirkung gezeigt, der 2019er Wert von 9,3 Millionen TEU war damals um 7,9 Prozent eingebrochen. Zum besseren Verständnis: TEU als Maßeinheit steht für Container-Stückzahlen ohne Bezug zu enthaltener Ladungsmenge; da HHM nur TEU-Werte ohne Angabe von Ladungstonnen veröffentlicht, ist ein Vergleich mit Bremen in diesem Falle schwierig. Es darf aber durchaus erinnert werden an den aktuellen Hafenentwicklungsplan, in dem 2015 für 2025 ein Umschlag von 25 Millionen TEU angepeilt wurde…
HHM und die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) sind überzeugt, dass ihre Container-Resultate von 2021 als erster Erfolg der im vergangenen Jahr abgeschlossenen, äußerst umstrittenen Elbvertiefung zu werten seien. Warum dann aber kein besseres Ergebnis erzielt werden konnte, bleibt ihr Geheimnis. Über das Problem, die erreichte Fahrrinnentiefe nur durch kontinuierliches Baggern beibehalten zu können und die Schlickmengen irgendwo deponieren zu müssen, haben sich zudem beide ausgeschwiegen. Der aktuelle Streit mit Niedersachsen um die geplante Schlick-Verklappung bei Scharhörn ist bekanntlich noch längst nicht entschieden.
Auch im Massengutumschlag zeigen sich die Hamburger mit verhaltenen Zahlen zufrieden: 39,8 Millionen Tonnen in 2021 bedeuten zwar eine geringfügige Steigerung gegenüber dem Vorjahresergebnis von 38,5 Millionen Tonnen – aber vor der Pandemie hatte man 41,3 Millionen Tonnen erreicht. Im vergangenen Jahr sind 15,9 Prozent mehr Kohle und 10,6 Prozent mehr Erz umgeschlagen worden als 2020, Agrargüter hingegen gingen mit -14,7 Prozent ebenso signifikant zurück.
Schienen-Rekord
Von einem „Rekordergebnis“ berichtet HHM beim Schienengüterverkehr und lobt sich hier vor allem für die zunehmenden Bahntransporte zwischen China und Hamburg, bezeichnet sich als in Deutschland führender Start- und Endpunkt für Containerzugverbindungen auf der Neuen Seidenstraße: „Rund 160.000 TEU wurden im vergangenen Jahr per Eisenbahn zwischen Hamburg und mehr als 25 Zielorten in China befördert. Das ist ein starkes Plus von 51 Prozent.“ Erforderlich waren dazu aber rund 290 Zugverbindungen von und nach Hamburg – das ist interessant für eilige Güter, kann jedoch der Schifffahrt nicht wirklich Konkurrenz machen.
Hier indes kommt die eingangs erwähnte Sorge bezüglich der Folgen des Kriegs in der Ukraine ins Spiel. Einerseits hatte sich schon 2014, nach den westlichen Sanktionen gegen Russland wegen des Krim-Konflikts, der Containerverkehr zwischen Hamburg und russischen Häfen auf rund 300.000 TEU quasi halbiert. Aktuell gebe es zehn Liniendienste zwischen Hamburg und russischen Häfen, acht davon im Ostseebereich. Der Terminal des hamburgischen Hafenumschlagskonzerns HHLA im ukrainischen Odessa hat seinen Betrieb auf behördliche Anordnung bereits einstellen müssen. Der Schienenverkehr nach China indes läuft via Belarus oder die Ukraine quer durch Russland – mit derzeit ungewisser Zukunft.
Detailliertere Zahlen sind auf der Webseite von HHM zu finden.