Erfolg vor Gericht: Laschen ist Hafenarbeit

Vie­le See­leu­te ins­be­son­de­re auf klei­ne­ren Con­tai­ner­schif­fen im so genann­ten Feeder-Dienst, aber auch die gera­de um einen neu­en Tarif­ver­trag kämp­fen­den Hafen­ar­bei­ter haben jüngst eine über­ra­schen­de Stär­kung erfah­ren: Anfang die­ses Monats hat ein Rot­ter­da­mer Gericht nach lan­gen Jah­ren den Grund­satz­streit ums „Laschen“ zuguns­ten der See­leu­te und Hafen­ar­bei­ter entschieden. 

Laschen ist Hafen­ar­beit“ – mit die­ser Paro­le der lang­jäh­ri­gen Gewerk­schafts­kam­pa­gne lässt sich der Rich­ter­spruch treff­lich zusam­men­fas­sen. In dem seit meh­re­ren Jah­ren anhän­gi­gen Rechts­streit wur­de bestä­tigt, dass Ree­der und Schiffs­eig­ner die Besat­zun­gen klei­ne­rer Con­tai­ner­schif­fe nicht anwei­sen dür­fen, das „Laschen“ – so nennt man das Lösen und Sichern von Con­tai­nern – an Bord selbst zu erle­di­gen, solan­ge sol­che Lasch­ar­bei­ten von Hafen­ar­bei­tern durch­ge­führt wer­den kön­nen. Nach Anga­ben der Gewerk­schaft ver.di gilt die­ses Urteil auch für deut­sche Reeder.

Das Ver­fah­ren geht zurück auf eine glo­ba­le Tarif­ver­ein­ba­rung von Anfang 2018. Damals hat­ten sich im phil­ip­pi­ni­schen Mani­la Gewerk­schaf­ten und Unter­neh­mer auf einen inter­na­tio­na­len Rah­men­ta­rif­ver­trag für See­leu­te ver­stän­digt, der unter ande­rem eine lang­jäh­ri­ge Fehl­ent­wick­lung been­den soll­te: Er leg­te fest, dass mit Wir­kung ab 2019 – in Nord- und West­eu­ro­pa sowie Kana­da ab 2020 – das Laschen, wie frü­her üblich, dafür aus­ge­bil­de­ten Hafen­be­schäf­tig­ten zu über­las­sen sei. Immer mehr Ree­der ins­be­son­de­re klei­ne­rer Con­tai­ner­schif­fe haben näm­lich schon seit Jah­ren die unschö­ne Pra­xis ent­wi­ckelt, die­se Auf­ga­be ihren Schiffs­be­sat­zun­gen zu über­tra­gen, um Geld zu spa­ren: Sie ver­kür­zen so teu­re Hafen­lie­ge­zei­ten und müs­sen kei­ne Hafen­dienst­leis­tun­gen von kom­mu­na­len oder auch pri­va­ten Anbie­tern ankau­fen – und die See­leu­te bezah­len sie ja sowieso.

Die Sache hat nur einen Haken: Unge­üb­te oder uner­fah­re­ne See­leu­te der­art kom­pli­zier­te Arbei­ten ver­rich­ten zu las­sen – teil­wei­se sogar unmit­tel­bar vor Anlau­fen (oder nach Ver­las­sen) eines Hafens –, bedeu­tet eine Gefähr­dung sowohl der See­leu­te als auch der Ladungs- und Schiffs­si­cher­heit und damit zugleich ein Risi­ko für die Mee­res­um­welt. Tra­di­tio­nell ist das Laschen immer eine Auf­ga­be dafür beson­ders aus­ge­bil­de­ter Hafen­ar­bei­ter gewe­sen – See­leu­te küm­mern sich ums Schiff und müs­sen sich auf die qua­li­fi­zier­te Arbeit ihrer Kol­le­gen an Land ver­las­sen können.

Auch deut­sche Ree­der legen sich quer

Die­se „dockers‘ clau­se“ genann­te Regel hät­te einen jah­re­lan­gen Kampf der Inter­na­tio­na­len Transportarbeiter-Föderation (ITF) been­den kön­nen, wenn auch euro­päi­sche und deut­sche Ree­der ab 2020 die in Mani­la geschlos­se­ne Ver­ein­ba­rung ein­ge­hal­ten hät­ten. Das war lei­der nicht der Fall und führ­te als­bald nicht nur zu tarif­po­li­ti­schem Streit, son­dern hat­te auch juris­ti­sche Kon­se­quen­zen. Die ITF und meh­re­re natio­na­le Gewerk­schaf­ten – unter ande­rem in den Nie­der­lan­den, aber auch die deut­sche Ver­di – zogen vor Gericht. Um eine zeit- und kos­ten­trei­ben­de Häu­fung von Ver­fah­ren zu ver­mei­den, einig­te man sich, den Fall gemein­sam in Rot­ter­dam klä­ren zu las­sen. Das war mög­lich, weil die „dockers‘ clau­se“ in natio­na­len wie inter­na­tio­na­len Tarif­ver­trä­gen wort­gleich ver­an­kert ist.

Aller­dings gab es zunächst einen Rück­schlag: Das ange­ru­fe­ne Rot­ter­da­mer Gericht wei­ger­te sich, einen beklag­ten Schiffs­eig­ner per einst­wei­li­ger Anord­nung zur Ein­hal­tung des gel­ten­den Tarif­rechts zu ver­pflich­ten – der Streit­fall wur­de ver­tagt, um in einer Haupt­ver­hand­lung detail­liert unter­sucht und hin­ter­fragt zu wer­den. Die kla­gen­den Gewerk­schaf­ten zeig­ten sich damals ent­täuscht von die­ser Hal­tung des Gerichts – um so grö­ßer ist jetzt ihre Genug­tu­ung: Es habe lan­ge gedau­ert, kom­men­tier­te ein Kol­le­ge im Gespräch mit dem Autor, dafür sei das Ergeb­nis nun „umso besser“.

Das Rot­ter­da­mer Gericht hat eine Ent­schei­dung ver­sucht, die aktu­el­le Gege­ben­hei­ten berück­sich­tigt: Ree­der dür­fen Lasch­ar­bei­ten nur dann von ihren eige­nen See­leu­ten erle­di­gen las­sen, wenn in einem Hafen außer­ge­wöhn­li­che Bedin­gun­gen – etwa Sicher­heits­maß­nah­men zur Pandemie-Bekämpfung – bord­frem­den Per­so­nen (wie Hafen­ar­bei­tern) das Betre­ten eines Schif­fes ver­bie­ten. Die Rege­lung gilt, wie vom Rah­men­ta­rif vor­ge­se­hen, für Schif­fe bis zu 170 Metern Län­ge: Auf Groß­con­tai­ner­schif­fen ist die bean­stan­de­te Pra­xis ohne­hin unüblich.

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WATERKANT-Redaktion